Die Wohnungsnot ist nicht nur in Deutschland ein Thema, Dank den vielen Vermittlungsportalen bleibt viel Wohnraum dauerhaft leer, weil sich kurzfristig mit Touristen wesentlich mehr Geld verdienen lässt. Viele Metropolen wie London, Rom, Paris, Amsterdam oder Barcelona leiden aber unter den Touristenmassen. Das geht in vielen Ländern so weit, dass die eigenen 4 Wände Urlaubern überlassen werden und die eigentlichen Bewohner kurzzeitig zur Verwandtschaft ziehen. Was kannst Du tun, damit die Stadt nicht unter Dir leidet?
So gelingt der Urlaub ohne schlechtes Gewissen
In Spanien musste der bekannte Wohnraumanbieter AirBnB nach Aufforderung der spanischen Regierung jetzt 65.000 Angebote löschen, wehrt sich jedoch juristisch gegen diese Vorgabe. Dort wie in vielen anderen Städten Europas auch, geben Einheimische oft 50% ihres Einkommens für Miete aus und die Regierung möchte mit dieser Lösung kurzfristig Abhilfe schaffen. Barcelona will bis 2028 sogar die Vermietung von Ferienwohnungen komplett abschaffen, weil Einheimische dort mit den Touristen um Wohnraum, Platz und Lebensqualität konkurrieren müssen.
Wie kann man denn jetzt eine dieser Metropolen besuchen und sich trotzdem fair verhalten?
Ferienwohnungen werden heutzutage auf allen möglichen Kanälen angeboten. Man findet ein- und dasselbe Wohnraumangebot über das Fremdenverkehrsbüro, über Plattformen wie AirBnB, aber auch Booking.com, wo früher asschließlich Hotels gebucht werden konnten. Es ist naheliegend, dass diese Wohnungen im lokalen Wohnraumangebot fehlen.
In einem Spiegel-Beitrag wendet der Wirtschaftsforscher Kevin Ducbao Tran allerdings ein, dass das nicht immer so stimmt. Manches Angebot betrifft eine Wohnung, die sonst leer stehen würde, weil die Besitzer selbst im Urlaub sind oder es sich um eine Zweitwohnung handelt, die nur während einiger Monate im Jahr genutzt wird.
Auch Jon Andrea Florin von der Non-Profit-Organisation fairunterwegs meint, dass es bei den Buchungen über die großen Portale immer auf den Einzelfall ankommt. Wenn jemand seine Wohnung oder ein Zimmer einfach nur zwischendurch vermietet, dann ist das natürlich kein Problem. Schwierig wird es allerdings bei kommerziellen Anbietern. Die Grundidee der Wohnraumanbieter, dass die Leute mal eben ihr Zimmer während der eigenen Abwesenheit zur Verfügung stellen, ist längst verloren gegangen. Gerade kommerzielle Anbieter verwandeln oft komplette Häuser in Ferienwohnungsblocks.
Es ist mittlerweile schwer geworden, nicht bei den Falschen zu buchen. Waren die Angebote früher nur ein paar Klicks entfernt, muss man heute etwas mehr Zeit für die Identifikation fairer Angebote aufwenden:
- Die Bezeichnung „Superhost“ zeichnet in der Regel Menschen aus, die Immobilien professionell kurzzeitvermieten.
- Prüfe, ob der Vermieter oder die Vermieterin noch andere Wohnungen im Angebot hat. Denn nicht alle Vermieter mit mehreren Immobilien sind auch als Superhost auf den diversen Plattformen aus- oder gekennzeichnet.
- Auch der Buchungskalender kann einen Rückschluss dafür geben, ob eine Unterkunft über Monate oder nur zeitweise vermietet wird.
- Achte auf Nachhaltigkeits-Gütesiegel. Diese sind laut fairunterwegs relativ zuverlässig und deklarieren damit automatisch, ob es sich um einen privaten oder kommerziellen Anbieter handelt.
- Die fairen Portale heißen Fairbnb, Socialbnb oder Interhome.
- Auskunft zu Ökosiegeln erhält man für Hotels über Greenkey, BioHotels oder Greensign.
Wie kommt man ans Wunschziel?
Auch die Anreise spielt im Kontext der Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle und hängt in der Regel von der Entfernung zum Ziel ab – und der Zeit, die man dafür hat. Bis 400 km Entfernung gewinnt in der Regel die Bahn gegenüber dem Flugzeug.
Wer aber von z. B. Hamburg nach Madrid mit dem Auto reisen möchte, sollte sich Zeit nehmen, und gerade mit Kindern einen oder mehrere Zwischenstopps einlegen und in einem kleinen, lokalen Hotel übernachten. Denn auch das gehört zu bewusstem und ethischem Reisen: Wer langsamer unterwegs ist, gibt der Reise ein anderes Gewicht. Man spürt die Entfernung, sieht und erlebt unterwegs mehr. Und genau das sollte nachhaltiges Reisen sein: Nicht nur das Ziel, sondern auch der Weg zum Ziel gehört zum Erlebnis.
Ist man am Ziel angekommen, sollte man sich idealerweise zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen. So sieht man am meisten von dem Ort, an dem man sich bewegt. Auto zu fahren ist, wenn man die lokalen Verkehrsregeln kennt, keine große Herausforderung. Das Problem fängt meist dann an, wenn ein Parkplatz am Ziel gebraucht wird. Denn die Infrastruktur ist in kaum einer Stadt mit dem Verkehrsaufkommen mitgewachsen. Dann kommt es zu Erfahrungen wie diesen:
- Entfernung zum Ziel: 30 km
- Fahrtdauer laut Navi: 20 Minuten
- Suche nach einem Parkplatz: 10 Minuten (mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeschleppt zu werden oder zumindest ein saftiges Knöllchen zu erhalten)
- Suche nach einem freien und offiziellen, meist kostenpflichtigen* Parkplatz: 15-20 Minuten
- Entfernung zum eigentlichen Zielort: 3,5 km
- Fußweg vom Parkplatz zum eigentlichen Zielort: 30-40 Minuten
- Gesamter Zeitaufwand für die offizielle Lösung: 80 Minuten
*Noch fehlt die generelle Information in den Navigationsprogrammen, ob ein Parkplatz kostenpflichtig ist. Für diese Info muss man sich jeden der angebotenen Parkplätze einzeln ansehen. Diese generelle Auskunft ist i.d.R. speziellen Apps, wie z.B. Parkopedia vorbehalten.
Angesichts dieser Situation sind auch Fahrdienstleister wie Uber oder Bolt echte und nachhaltige Alternativen. Die fahren ohnehin die ganze Zeit herum und sind durch die Buchungen hocheffizient und oft elektrisch unterwegs.
Genuss mit allen Sinnen
Auch beim Essen kann man nachhaltig sein. Nationalgerichte sind zumeist nicht nur ein Erlebnis, sondern auch nachhaltiger zubereitet, als Sauerkraut in Marokko oder Wiener (Rinds-)Würstchen in Dubai. Fleisch sollte man generell meiden, zu Hause wie am Reiseziel – auch wenn es in den meisten Ländern weniger industriell hergestellt wird und daher um einiges schmackhafter ist, als in Deutschland. Aber Fleisch ist einer der größten Treiber für Ressourcenverbrauch. Und im richtigen nachhaltigen Restaurant wissen die Köche, wie es auch ohne Fleisch geht.
Beim Reisen gilt eine sehr einfache Faustregel, die sich „GLÜCK“ nennt:
Vielen Dank an Jon Andrea Florin von fairunterwegs für diese kreative, leicht zu realisierende und den meisten Ansprüchen genügende Formel. Man muss sie sich nur immer wieder vor Augen führen.