post-title Diskussions-RAUM: „Kostenloser ÖPNV in Hanau Teil 2“

Diskussions-RAUM: „Kostenloser ÖPNV in Hanau Teil 2“

Diskussions-RAUM: „Kostenloser ÖPNV in Hanau Teil 2“

Autofreie Straße mit Menschen, die auf sich kreuzenden Zebrastreifen laufen. Ansicht aus der Vogelperspektive.

Ein Blick in die Zukunft

Könnte kostenloser ÖPNV unser Stadtbild verändern oder scheitert es schon an der Vorstellungskraft?

Beim Thema „kostenloser Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) in Hanau an Samstagen“ ging es in die zweite Runde. Während des Diskussions-RAUMs am 16. Januar haben sich viele Interessierte hitzig ausgetauscht. Wir merkten schnell, das Thema bewegt viele auf sehr unterschiedliche Art und Weise und ist noch lange nicht ausgeschöpft. Die Ergebnisse der ersten Runde können hier nachgelesen werden. Der 5. Diskussions-RAUM fand wieder im Ellis Bistro & Café statt, das uns wieder eine bequeme Ecke für den Dialog zur Verfügung gestellt hat.

Die Perspektiven und Meinungen waren auch am 6. Februar sehr vielfältig. Der Impuls von Fridays for future mit dem Slogan „Erst ticketfrei, dann autofrei“, brachte Karl-Heinz Leister diesmal zu einer ganz anderen Frage: Wie sähe die Hanauer Innenstadt eigentlich aus, wenn keine Autos mehr hineinfahren oder parken durften? Ein solches Bild könnte vielleicht den entscheidenden Anreiz liefern, den es bräuchte, um Autofahrende zum Umdenken zu bewegen. Die Diskutierenden taten sich mit Zukunftsvisionen jedoch etwas schwer, wo es doch aktuell so viele Hindernisse und Probleme gäbe, die erst gelöst werden müssen, bevor man sich Utopien hingeben könne.

Welche Ideen kamen auf

Eine autofreie Innenstadt hat bei einigen der Diskutierenden aber dann doch Gedankenverknüpfungen erzeugt wie: Fahrrad-Straßen anstatt PKW-Straßen, mehr Platz für Aufenthalts- und Begegnungs-Orte, mehr Pflanzen, Ruhe-Oasen, mehr Sicherheit, bessere Luftqualität, echte Fußgänger-Zonen,  und vieles mehr.

So schön diese Bilder auch waren, die Realität folgte auf dem Fuß. Was machen Menschen, die auf Autos angewiesen sind, weil sie nicht Fahrrad fahren können oder körperlich beeinträchtigt sind? Was sollen größere Familien machen? Wie regelt man Anlieferungen für den Einzelhandel? Was machen Menschen mit ihren Einkäufen, z.B. vom Wochenmarkt?

Es gab auch zu diesen Einwänden einige Vorschläge: Man könnte wieder einen Bus-Ring um die Innenstadt etablieren, den es beim Bau des FORUM schon einmal gab. Parkhäuser außerhalb der Innenstadt könnten mit einem zuverlässigen Zubringer-Dienst verknüpft werden usw. Aber würden die Leute das auch annehmen oder würden sie stattdessen nur noch in die großen Einkaufszentren fahren? Wäre dies das endgültiges Aus für die kleinen Läden und Geschäfte in der Hanauer Innenstadt?

Ein Grün-Orangefarbener Zug in Fahrt. In einem Textblock mit Rahmen steht: fahr Bahn.

Kostenloser ÖPNV als Start

Von der Vision der autofreien Innenstadt zurück zum eigentlichen Vorschlag. Wären denn mehr Autofahrende bereit mit dem Bus nach Hanau zu fahren, wenn es samstags nichts kostet? Die Diskutierenden waren sehr skeptisch und waren noch immer unterschiedlicher Meinung, wie man ein solches Projekt finanzieren könne.

Bei einem war sich die Runde jedoch einig, es gibt definitiv zu viele Autos im Umfeld, die nicht nur umweltschädigende Abgase produzieren, sondern auch platzraubend sind. Während wir über verschiedene Anreize sprachen, die es Autofahrenden leichter machen könnte, auf alternative Fortbewegungsmittel umzusteigen, merkten wir sehr schnell, dass dies keine leichte Aufgabe werden würde.

Autos sind für unsere heutige Gesellschaft ein sehr emotionales Thema. Trotz der großen und öffentlichen Protestbewegungen wurden 2019 mehr SUVs als zuvor verkauft (Infos dazu hier). Woran kann das liegen? Autos werden seit Jahrzehnten als Status- und Freiheits-Symbol wahrgenommen. Unsere Gesellschaft hat außerdem andere Bedürfnisse als noch vor 50 Jahren. Aufgrund von weiten Arbeitswegen, gibt es im Vergleich zu früher deutlich mehr Pendler und auch das Einkaufen ist mit Auto viel leichter, als beispielsweise mit dem Fahrrad. Auch Lieferdienste sind durch den Online-Handel in einer Stadt wie Hanau kaum noch wegzudenken.

Muss sich erst die Einstellung und Denkart zu Autos, Mobilität und Status grundlegend erneuern, bevor wir etwas verändern können?

Die Haltung der Bürger*innen spielt eine entscheidende Rolle, aber man darf nicht vergessen, dass jede größere Veränderung bisher heftige Reaktionen hervorgerufen hat. Als Beispiel wurde in der Runde die Einführung von Fußgängerzonen in Hanau genannt. Damals gab es auch schon das Argument, der Einzelhandel würde zum Erliegen kommen, wenn die Leute nicht direkt vor die Tür der Läden fahren können. Heute sehen wir, dass sich das nicht bewahrheitet hat. Unabhängig davon, passieren solche Prozesse nicht von heute auf morgen. Die Gruppe war sich einig, dass eine gute Lösung Zeit braucht, um langfristige Effekte zu zeigen.

Julika und Sven lassen sich in der Fahrradrikscha über den Marktplatz fahren.
Fahrrad-Rikscha statt Bus und Taxi?

Attraktivität von Bus und Bahn

Eines der größten Hindernisse, vor allem bei einer großflächigen Umstellung von Auto auf ÖPNV ist zurzeit die Unzuverlässigkeit der öffentlichen Verkehrsmittel und die unzureichenden Verbindungen, z.B. zwischen den Hanauer Stadtteilen. Außerdem steht der Kosten-Nutzen-Faktor von Auto und Bahn bisher noch in keinem Verhältnis. Wenn die Bahnfahrten teilweise teurer sind als die Fahrt mit dem PKW, wird die Bequemlichkeit und Flexibilität des eigenen Autos bei den Meisten weiterhin den Vorzug erhalten.

Der ÖPNV muss erst attraktiver gemacht und ausgebaut werden, bevor wir anfangen Innenstädte zu sperren und Pendler ohne zuverlässige Alternative auffordern auf ihre Autos zu verzichten. Mit der aktuellen Infrastruktur könnte die Bahn zu den Höchstzeiten z.B. gar nicht alle Pendler versorgen.

Neue Konzepte von Städten und deren Umgebung müssen daher mehrere Faktoren berücksichtigen. Erst wenn ein attraktives Angebot besteht, werden sich Autofahrende auch freiwillig überlegen, ob sie nicht lieber den Bus nehmen.

…oder gleich das Fahrrad

Wenn man Verkehr und Städte ganz neu denkt, könnten wir auch wieder zu unserer Vision vom Anfang kommen. Die Fahrradwege in Hanau sind (im besten Fall) noch verbesserungsfähig. Für Menschen, für die das Fahrrad eine perfekte Alternative wäre, sollten ebenso bessere Anreize geliefert werden ­– breite Fahrradwege, die sicher sind und nicht im Nirgendwo enden, wären da ein Anfang. Als positives Beispiel aus der näheren Umgebung wurden die Umbauten in Mühlheim genannt, wo von einer zweispurigen Auto-Strecke eine entfernt wurde und stattdessen ein zwei Meter breiter Fahrradweg seinen Platz gefunden hat, der, wie einer der Diskutierenden berichtete, sehr angenehm zu fahren sei.

Was können wir also tun?

Nur wenn wir umdenken und Alternativen zum Auto attraktiver machen, kann eine nachhaltige Veränderung gelingen. Es reicht aber nicht, sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen und darauf zu warten, dass „die da oben“ etwas tun. Diese Trennung ist, wie einer der Teilnehmenden treffen angemerkt hat, der falsche Ansatz. Wir sollten gemeinsam an einem Ziel arbeiten und eine Stadtentwicklung für Hanau gemeinsam denken. Wir sind schließlich ein Teil davon. Wer eine Veränderung will, gute Ideen hat oder einfach informiert sein will muss zuerst selbst aktiv werden. Denn wer nicht gehört oder gesehen wird, kann auch seine Interessen und Fragen nicht in die Entscheidungen einfließen lassen.

Ideen um selbst aktiv zu werden

  • Mit Menschen aus der (Kommunal)Politik sprechen
  • E-Mails an Verantwortliche schreiben
  • Zu Stadtverordneten-Versammlungen gehen
  • Positive Beispiele teilen und an Verantwortliche senden
  • Lastenfahrrad testen
  • Car-Sharing nutzen
  • Leserbriefe schreiben
  • Initiativen gründen und selbst positive Impulse setzen
  • Fragen stellen
  • Hinterfragen, ob es auch andere Lösungen gibt
  • Selbst politisch aktiv werden
  • Presse-Service der Stadt Hanau abonnieren, um über regionale Themen und Termine informiert zu sein
  • Gesicht zeigen, nachhaken, zeigen, dass Interesse da ist

Ideen für Kommunalpolitik und Stadtentwicklung

  • Gut umgesetzte Beispiele aus der Umgebung nutzen
  • Interessen von Bürger*innen stärker einbeziehen – Vergleich „Zukunft Hanau“
  • Niedrigschwellige Bürger*innenbeteiligung ermöglichen
  • Mehr über Entwicklungen und Pläne informieren (Transparenz)
  • Positive Beispiele sichtbar machen

Weiterführende Termine

17.02.20           Öffentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung

Themen sind laut Tagesordnung u.a.:

  • EUR 365-Ticket für alle (Antrag der CDU- Fraktion vom 02.02.2020)
  • Erstellung eines Mobilitätsleitbildes im Rahmen des Verkehrsentwicklungsplans Hanau

Tagesordnung online

Wann: 17.30 Uhr

Wo: Bürgerhaus Wolfgang, Schanzenstraße 8, 63457 Hanau


20.02.20           Stadtforum im Rahmen von „Zukunft Hanau“

Diskussion über das verabschiedete Maßnahmenbündel zur Stärkung der Innenstadt

Wann: 19:00 bis 21:00 Uhr

Wo: Im Kulturforum Hanau

Wer ist da: Martin Bieberle, Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt

Weitere Infos auf www.zukunft-hanau.de oder im Veranstaltungskalender der Stadt Hanau.

Zum Format: Einmal im Monat stellt das Projektteam „Zukunft Hanau“ Ergebnisse vor und bietet Diskussionen zu wechselnden Themen an.

Zum Nachlesen:

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