Am 16.01.2020 fand der 3. „Diskussions-RAUM“ zum Thema “Kostenfreier Nahverkehr an Samstagen in Hanau” im Ellis Café und Bistro in Hanau statt. Unser Gast zum Thema war Tim Koczkowiak von Fridays for Future.
Mit dieser Ankündigung von Fridays for Future Hanau starteten wir in diesen Diskussions-Abend:
Erst ticketfrei, dann autofrei – kostenloser ÖPNV jetzt!
Im Jahr 2016 stammten über 18% der Treibhausgasemissionen in Deutschland aus dem Verkehr. Der Großteil davon ist immer noch auf Autos zurückzuführen. Man sieht, dass durch eine Reduzierung des Autoverkehrs die Treibhausgasemissionen erheblich verringert werden können.
Eine sinnvolle Alternative zum Autofahren innerhalb der Stadt ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Warum nutzen den also nicht einfach alle?
Man überlegt sich doch dreimal, ob man jetzt Auto oder Bus fährt, wenn man mit dem Auto nur halb so lange unterwegs ist und der Sprit obendrein das Gleiche, wenn nicht sogar weniger kostet als zwei Einzelfahrten.
Wir wollen einen Anreiz schaffen, vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. An Samstagen vor allem herrscht in der Stadtmitte Verkehrschaos, da viele Familien an diesem Tag ihre Einkäufe tätigen (möchten). Wir fordern einen kostenlosen ÖPNV an Samstagen in Hanau für alle!
Wie kann so eine Forderung umgesetzt werden?
Die meisten der Anwesenden fanden diese Idee gut und sahen keine großen Hindernisse in der Umsetzung.
An der Diskussion nahmen Stadtverordnete der Stadt Hanau teil, die uns berichteten, dass in der letzten Stadtverordneten-Sitzung die Zahlen der HSB (Die Hanauer Straßenbahn GmbH ist der Verkehrsbetrieb der Stadt Hanau, er fährt nur in der Stadt Hanau) für das Jahr 2019 bekannt gegeben wurden.
Zwar hat die HSB 18 Millionen Euro Umsatz im Jahr, dennoch besteht eine Unterdeckung von 4.8 Millionen Euro.
Wenn Hanau entscheidet samstags einen kostenfreien ÖPNV anzubieten, muss die Stadt dem RMV die Summe des fehlenden Fahrgeldes zahlen, da die HSB Mitglied des Verbundes ist.
Diese Summe kommt zu der Unterdeckung hinzu. Es werden also zusätzlich Mittel benötigt, so eine Forderung umzusetzen …
Im Laufe der Diskussion ging es um diese Themen:
- Autofreie Innenstädte,
- Wie werden Innenstädte attraktiver?
- Wie kann öffentliche Nahverkehr verbessert werden?
- Planungen für ein Fahrrad-Parkhaus für Hanau
- Was gewinnen wir durch eine Umstellung auf E-Autos?
Moritz Kühn hat für uns diese Zusammenfassung erstellt:
Die Diskussion, die wir geführt haben, ging weit über die Frage hinaus, ob wir den ÖPNV in Hanau an Samstagen kostenlos machen sollten oder nicht. Letztlich war es eine sehr breite Diskussion darüber, welche Potenziale Hanau hat, den Umweltverbund (zu Fuß gehen, Rad fahren, mit dem ÖPNV-fahren) zu stärken.
Die Gruppe war sich einig, dass hier noch großer Verbesserungsspielraum besteht.
Bemängelt wurde, dass von Seiten der Stadt oftmals nicht auf Eingaben der Bürgerinnen und Bürger, kleine Dinge zu verbessern, reagiert würde. Hier bestehe Verbesserungsbedarf.
Hotlines, E-Mailadressen oder APPS waren den Anwesenden im Großen und Ganzen unbekannt, bei denen man Eingaben machen kann, wenn einem etwas auffällt, wie z.B. Unebenheiten in den Radwegen …
Es wird von Bürgern nicht verstanden, dass Veranstaltungen wie der angestoßene Bürgerdialog nicht konsequent und zeitnah weitergeführt werden. So entsteht der Eindruck bei einigen Anwesenden, dass die Stadt nicht wirklich an einem Dialog interessiert ist. Hier haben wir als Stadtverordnete, unsere Hausaufgaben zu machen und bei der Verwaltung auf eine rasche Umsetzung der Ideen hinzuwirken und bei einer Nichtverwirklichung zumindest eine schlüssige Argumentation einzufordern.
Zum Thema kostenloser ÖPNV am Samstag ist die Diskussion noch nicht soweit, das belastbare Vorschläge gemacht werden können, wie das zu finanzieren ist. Letztlich, so habe ich zumindest den Vertreter von Fridays for future verstanden, geht es vor allem darum, den ÖPNV zu stärken. Als eine Diagnose wurde festgestellt, dass der ÖPNV in der Region auf alle Fälle sehr teuer, und die einzelnen Verkehrsmittel noch zu schlecht aufeinander abgestimmt sind. Bei der Finanzierungsfrage war zunächst auch ein wenig Aufklärungsarbeit nötig. Selbst wenn die Stadt den ÖPNV am Samstag kostenlos machen würde, müsste sie für jede Fahrt Geld an den RMV überweisen. So entstünden nicht nur durch den Entfall der Einnahmen Verluste, sondern auch durch die Überweisungen an den RMV.
Erste Vorschläge für eine Finanzierung war eine Abgabe durch den Einzelhandel oder eine bessere Finanzierung durch das Land. In den gut zwei Stunden Diskussion, die wie gesagt, nur lose um den Vorschlag eines kostenfreien Samstags ging, war diese Frage, weil sie eben komplex ist, nicht abschließend zu beantworten. In einiger Zeit soll jedoch noch einmal eine Diskussionsrunde stattfinden, in der Interessierte das Thema vertiefen können.
Ich kann nur empfehlen, an einem der “Demokratieräume” teilzunehmen. Denn selbst wenn am Ende keine konkreten “Lösungen” stehen, so weitet sich doch die Perspektive und man gewinnt neue Argumente und ein tieferes Verständnis über die behandelten Themen. Insbesondere hilft es, aus der eigenen “Argumentationsblase” herauszukommen, und es wird eine wertschätzende, auf Verständigung ausgerichtete Kommunikation eingeübt. Das sind Fertigkeiten und Eigenschaften, die durch die Anonymität der Sozialen Medien doch teilweise sehr verschüttet worden sind.
Moritz Kühn
Anregungen für aus der Runde für Hanau:
- Einrichten von Möglichkeiten, an denen Einkäufe „zwischen geparkt“ werden können.
- Konzepte für alle sichtbar machen, so dass alle besser verstehen, warum Entscheidungen getroffen werden. Wie z.B. Warum ist Klein-Auheim an das Hopper-Konzept angeschlossen, aber die anderen Stadtteile nicht
- Begonnene Bürgerdialoge weiterführen und nicht zu lange pausieren lassen (Zukunft Hanau)
Gute Beispiele:
Wien, dort gibt es ein 365-Tage-Ticket für alle Bürger*innen
Lese-Tipps von Connie:
Harald Welzer – Artikel in der Frankfurter Rundschaus „Der Traum von der autofreien Stadt“ https://www.fr.de/wissen/traum-autofreien-stadt-13018303.html
Fazit dieses Diskussions-RAUMS:
Veränderungen werden durch Anreize angenommen, nicht durch Verbote.