Barriere Scouts sind Expert:innen in eigener Sache oder Menschen, die sich dafür interessieren Barrieren abzubauen. Einige von Menschen in Hanau haben an der angebotenen Ausbildung der Sozialhelden e.V. online teilgenommen – ein Bericht.
Überblick der Seminare
Der Verein bietet die Ausbildung zum Barriere Scout zum zweiten Mal an. Insgesamt sechs (6) Online-Seminare wurden veranstaltet, die Inhalte und Themen zum Thema „Was ist ein Barriere Scout?“ bis zu „Was sind Barrieren und wie können wir dazu beitragen diese abzubauen?“ vermittelt haben. Wir geben einen kurzen Überblick.
Modul 1: Grundlagen Barrierefreiheit
Hier ging es um gleichberechtigte Teilhabe für alle und der Verknäpfung damit, warum dafür Barrierefreiheit wichtig ist. Auch wurden die verschiedenen Projekte der Sozialhelden e.V. vorgestellt, unter anderem die Wheelmap, Leidmedien.de und ramp-up.me. Es wurde auf verschiedene Formen einer Behinderung eingegangen, also zum Beispiel motorischer Art, der verschiedenen Formen an Sehbehinderung oder kognitiven Behinderung. Am Ende zählt aber: alle Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, haben die selben Wünsche und Bedürfnisse!
Modul 2: Allyship („Verbündete“)
In diesem Modul berichteten Silke Georgi und Jonas Karpavon Verbündeten. Es geht im Kern darum, dass nicht „über Menschen mit Behinderung“, sondern gemeinsam mit ihnen die Stimme erhoben wird.
Allyship ist zu erkennen, dass man gegenüber anderen Personen eine priviligierte Position hat und dieses Privileg bewusst nutzt, um Menschen in einer weniger priviligierten Position zu helfen.
Priviligiert sein heißt nicht nur, dass man wohlhabend oder aus bestimmten Familien kommt, sondern einfach auch, dass man bestimmte Nachteile im Leben nicht hat. Daher sollten wir uns „alliieren“ und drei Dinge machen:
- sich für jemanden einsetzen
- jemanden Chancen ermöglichen
- den Status Quo in Frage stellen.
Modul 3: Wheelmap Workshop
In diesem Modul ging es um die Wheelmap und wie jede:r von uns Orte in der Umgebung auf Barrierefreiheit prüfen kann. Auch wir arbeiten dank Unterstützung der Aktion Mensch daran eine Wheelmap für Hanau aufzubauen. Wenn ihr Lust habt mitzuwirken, meldet euch gerne bei Daniel (daniel@menschen-in-hanau.de). Schon während der Ausbildung haben die angehenden Barriere Scouts über 500 Orte in Bezug auf ihre Rollstuhlgerechtigkeit mit Hilfe der Wheelmap hinterlegt.
Modul 4: Barrierefreie Architektur
In diesem spannenden Modul ging es um die baulichen Anforderungen an Barrierefreiheit und auch um Normen und Gesetze, wo diese verankert sind. Der Referent war André Burkhardt, Architekt aus Düsseldorf, der sich speziell mit dem Thema barrierefreies Bauen auseinandersetzt und Projekte umsetzt. Unter www.usability-architects.de könnt ihr mehr erfahren.
Unsere Engagierten, die an der Ausbildung teilgenommen haben, waren von diesem Vortrag im Besonderen begeistert. Es wurde alles Wichtige auf den Punkt gebracht.
Modul 5: Ablauf einer Begehung
Judyta Smykowski, selbst im Rollstuhl unterwegs, schildert den Ablauf einer Begehung und weißt insbesondere auf Dinge hin, die man beachten sollte. Barriere Scouts führen die Begehungen alleine oder idealerweise in Begleitung mit einer anderen Person durch, die idealerweise auch eine andere Behinderung hat.
Weitere Tipps waren z.B.
- viel kommunizieren – am Ende möchte auch der Betreiber des Restaurants, Cafés oder Geschäfts diese Begehung, um etwas zu lernen
- auf die Begehung konzentrieren – das Protokoll sollte der Besitzer selbst schreiben
- alles testen – auch einfach mal an der Notruf-Schnur im Behinderten WC ziehen und schauen was passiert
- alle Bereiche – auch für Mitarbeiter:innen begehen / verschiedene Blickwinkel einnehmen (Kund:in, Mitarbeiter:in, Gast)
- nur in Social Media oder Presse berichten, wenn man erfolgreich eine Verbesserung / Veränderung bewirkt hat.
Modul 6: Kommunikation
Abschließend ging es dann auch viel um das Thema Kommunikation. Welche Kanäle kann man nutzen? Braucht es Visitenkarten und Flyer? Geht man lieber an die Presse oder nutzt eigene Social Media Kanäle? In dieser letzten Schulung wurden viele Tipps und Tricks ausgetauscht. Bei zukünftigen Barriere Scouts ist die Kommunikation sehr wichtig.
Alle Module wurden dank entsprechender Förderung durch Gebärdendolmetscher:innen und Personen, die Untertitel verfasst haben, begleitet – das nennen wir mal inklusiv!
Der Eindruck einiger Teilnehmer:innen von Menschen in Hanau
Für Daniel, Vorstand bei Menschen in Hanau, war das Rundum-Paket eine gute und strukturierte Ausbildung. Man hat neben dem idealen Ablauf einer Begehung, der Kommunikation zu dieser auch viel zu Anforderungen an Barrierefreiheit ganz praktischer Art erhalten. Auch wurden Begriffe thematisiert, die die Menschen mit Behinderung persönlich als „herabwürdigend“ oder „unpassend“ empfinden. Hier ist viel Bedarf der Sensibilisierung, aber am Ende zählt es einander zuzuhören und miteinander etwas zu verändern!
Marianne, eine unserer Expert:innen im Rollstuhl, fand es sehr interessant, dass es in Deutschland Architekten (oder vll. nur einen) gibt, die sich speziell diesem Thema annehmen und mitdenken. Der Einblick in die Anforderungen an barrierefreies Bauan war umfassend und hat alles wichtige graphisch nachvollziehbar gezeigt.
Wie geht’s weiter?
Nach dem ganzen Input durch die Organisator:innen und Referent:innen der Online-Seminare, geht es nun an die Praxisprüfung: jede:r Teilnehmer:in muss eine Örtlichkeit in der Umgebung auf Barrierefreiheit prüfen, also eine Ortsbegehung machen und das Gelernte anwenden. Anschließend ist man offiziell Barriere Scout und Expert:in in eigener Sache (oder Unterstützer:in)!
Auf folgender Webseite sind alle Barriere Scouten (die das wünschen) veröffentlicht: https://sozialhelden.de/barriere-scouts/