post-title Demokratie – ein Thema, das uns alle angeht

Demokratie – ein Thema, das uns alle angeht

Demokratie – ein Thema, das uns alle angeht

Zwei Frauen und zwei Männer sitzen an einem Tisch und diskutieren. Auf dem Tisch stehen Getränke und Knabbereien.

Das Buch „Demokratie als Versprechen. Warum es sich lohnt, für die Freiheit zu kämpfen“ von Antonia Grunenberg war die Grundlage einer intensiven Diskussion. Im Rahmen der Projekt-Werk-Stadt setzten wir uns mit einigen Thesen der Autorin auseinander.

Bevor Calle uns das Buch vorstellte, gab er uns einen Einblick in seine eigene Motivation, sich mit Antonia Grunenbergs Gedanken zur Demokratie auseinanderzusetzen. Dabei spielte unter anderem sein Engagement für geflüchtete Menschen eine Rolle. Calle beschäftigte sich mit der Frage, warum diese in der Regel keine Interessenvertretung haben und ob eine solche nicht sinnvoll wäre. Außerdem beschäftigt ihn die Reaktion durch zivilen Ungehorsam, um gegen demokratisch zustande gekommene Entscheidungen vorzugehen.

Vita von Antonia Grunenberg

Calle gab uns dann einen kleinen Einblick in die Vita von Antonia Grunenberg. Sie wurde 1944 in Dresden geboren, erlebte als Kind erste politische Diskussionen in der Zeit der Gründung der DDR (antifaschistische Demokratie), emigrierte dann mit ihren Eltern in den Westen (liberale Demokratie), wo erst Ende der 60er Jahre begonnen wurde, den Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Zu dieser Zeit war sie Mitglied des SDS in Frankfurt. Sie machte danach Erfahrungen mit der repuplikanischen Demokratie in den USA. Sie ist Politikwissenschaftlerin und beschäftigt sich intensiv mit Hannah Arendt.

Ausgewählte Inhalte des BuchesEin Mann mit Schal sitzt in einem Büro an einem Tisch. Er liest aus einem BUch vor.

Anschließend las Calle einige ausgewählte Stellen des Buchs vor.
So äußert die Politikwissenschaftlerin beispielsweise, dass es in der Nachkriegszeit in beiden Teilen Deutschlands schwierig gewesen sei, Toleranz und Demokratie aufzubauen. Es gab damals wenig Erfahrungen mit der Demokratie. Wo hätte auch nach 12 Jahren Nationalsozialismus entsprechendes Denken in der Bevölkerung herkommen sollen?

Antonia Grunenberg denkt auch darüber nach, dass man wissen müsse, was Gut und Böse sei und bezieht sich dabei auf die Philosophin Hannah Arendt. Diese argumentierte, „alles politische Zusammenleben basiere auf der Grundvoraussetzung, dass alle Bürger in der Lage seien, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Wenn man die Annahme aufgäbe,…könne man auf kein menschliches Zusammenleben mehr hoffen.“
Eine weitere Aussage der Autorin ist, dass die Pluralität in der deutschen Gesellschaft nie Fuß gefasst habe.

Unsere Diskussion und unsere Erkenntnisse

Wir überlegten, ob die Ansichten von Antonia Grunenberg mit unseren eigenen Erfahrungen und politischen Einstellungen stimmig sind.

Wir kamen in der Diskussion über die Zitate unter anderem zu folgenden Erkenntnissen:

  • Demokratie kann nicht (nur) trocken über Theorie vermittelt werden, sondern muss gelebt werden.
  • Wenn Jugendliche nicht über das Elternhaus und die Schulbildung demokratische Prozesse vermittelt bekommen, ist dies nur über äußere Einflüsse möglich.
  • Eine politische Vertretung von geflüchteten Menschen ist wichtig. Manche geflüchtete Menschen kennen aus ihren Herkunftsländern Prozesse der Selbstorganisation, wie z.B. Menschen aus dem Iran. Aber je nach Herkunft können demokratische Prozesse eher unbekannt sein. Ein Grund, warum sich Menschen mit Fluchterfahrung in Deutschland nicht öffentlich politisch engagieren, kann in der Angst vor Verfolgung durch Spitzel ihres Herkunftslandes liegen, oder weil sie aus Erfahrung den Staat und dessen Vertreter als Feind sehen.
  • Demokratie und Pluralität zeigen sich auch darin, ob z.B. eine Flüchtlingsunterkunft an den öffentlichen Nahverkehr angebunden ist und die Innenstadt und andere wichtige Orte gut zu erreichen sind.
  • Bürgerbeteiligung ist eine wichtige Grundlage für demokratische Entscheidungen und Prozesse. Doch es gibt die sogenannte Repräsentationslücke. Damit ist gemeint, dass nicht alle Interessengruppen in Gremien usw. vertreten sind. Zwei Frauen und zwei Männer sitzen an einem Tisch und diskutieren.
    Am Beispiel Jugendlicher mit Migrationsgeschichte zeigt sich, dass sie in vielen Gremien unterprivilegiert sind. Das heißt, dass sie dort nicht oder nicht in angemessener Anzahl vertreten sind. Das kann dazu führen, dass sich Jugendliche in einem solchen Gremium unwohl und ausgeschlossen fühlen. Das hat zur Folge, dass die Menschen nicht für sich sprechen können und ihre Lebenslage nicht voll oder gar nicht erfasst wird.
  • Zugehörigkeit ist für Menschen wichtig. Finden sie diese nicht in demokratischen Plätzen, können sie für rechtes oder anderes extremes Gedankengut eher ansprechbar sein.
  • Es ist wichtig, dass Menschen lernen, für andere Menschen oder für eine „gute“ Sache Verantwortung zu übernehmen. Das lässt sich auch in Vereinen wie Menschen in Hanau umsetzen und wir machen das auch.
  • Eine gute Streitkultur ist wichtig für eine Demokratie. Menschen zeigen ihren Protest z.B. durch Demonstrationen bis zu Aktionen des zivilen Ungehorsams, um auf etwas aufmerksam zu machen, was für alle wichtig ist.

Wir ziehen ein Fazit

Unser Fazit: Demokratie ist eine gute, wichtige Sache. Wir sind alle immer wieder gefragt, für diese einzutreten und ihre Werte zu vermitteln. In unserer pluralistischen, multikulturellen Gesellschaft ist es wichtig, möglichst viele Menschen an demokratischen Prozessen zu beteiligen. In Bevölkerungsgruppen, die sich unterrepräsentiert fühlen oder dies tatsächlich sind, wie z. B. geflüchtete Menschen, können sich Bürger-Räte bilden, die die Forderungen dieser Gruppen formulieren und in die demokratisch gewählten Gremien hineintragen.

Wir haben aus der Diskussion daher eine konkrete Aufgabe für Menschen in Hanau abgeleitet. Wir wollen überlegen, ob und wie „Bürger-Räte“ in Hanau entstehen könnten. Für mehr Demokratie natürlich!

… und wir haben Antonia Grunenberg kontaktiert, stehen mit ihr im Austausch. Wir bleiben dran.

Vielen Dank an Calle für die Vorstellung des Buchs!

Der Text wurde von Calle und Katja verfasst.

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