post-title Freie Fahrt für Jorinde und Joringel

Freie Fahrt für Jorinde und Joringel

Freie Fahrt für Jorinde und Joringel

Drei Rikschas, zwei grüne und eine rote sind zu sehen. Drum herum stehen viele Menschen und heben die Hand zum Gruß.

Der folgende Artikel, geschrieben von der Reporterin Elena Schemuth, basiert auf einem Interview, welches unser Rikscha-Team im Frühjahr 2024 für das Dehaam-Magazine gegegeben hat. Viel Spaß dabei!

Rikscha-Fahrten – ein Herzensprojekt von „Menschen in Hanau”

Eine Rikscha ist ein leichtes, dreirädriges Transportmittel, das hauptsächlich in asiatischen Ländern verwendet wird. Es besteht in der Regel aus einem Sitz oder einer Kutsche, die von einem oder mehreren Menschen gezogen oder gefahren wird. Rikschas werden oft für kurze Strecken in Städten genutzt. Seit dem vergangenen Jahr gehört das Rikscha-Fahren auch zum Stadtbild in der Kernstadt von Hanau. Es ist aber noch kein alltägliches Bild, wenn die ehrenamtlichen Rikscha-Piloten im Auftrag des Vereins „Menschen in Hanau“ ihre Fahrgäste durch die von Fachwerkhäusern gesäumten Gassen chauffieren. Nicht selten kommt es vor, dass sich so manch einer die Augen reibt, wenn er im Vorbeifahren von Rikscha-Pilot Detlev Majewski und seinen Gästen angelächelt wird. Doch nach und nach gewöhnen sich die Hanauer auch an die Rikschas. Schließlich wurden im vergangenen Jahr an die 200 solcher Kurztrips durch die Stadt gemacht. An Bord waren meistens Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, an die sich dieses Angebot ganz besonders richtet.

Inspiriert von den Dänen

Gut zu merken: Die Rikscha-Saison orientiert sich an den üblichen Reifenwechselterminen für das eigene Auto, läuft also von April bis Oktober. „Wobei wir natürlich die Erfahrung gemacht haben, dass sich keiner im Frühjahr bei eisigen Temperaturen freiwillig in die Rikscha setzt — und das Gleiche gilt natürlich auch für Temperaturen über 30 Grad“, sagt Majewski, der zu den Männern und Frauen der ersten Stunde dieses Projektes gehört. Letzteres kam eigentlich 2019 so richtig ins Rollen, nachdem die damalige Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler von einem Dänemark-Besuch zurückgekehrt war und dort Feuer für dieses überaus gesellige Gefährt gefangen hatte. So wurde bald darauf die erste Rikscha für die Pflegeheime im Kreis angeschafft. Die Hanauer mussten sich diese mit den anderen im Kreis teilen, was dazu führte, dass die Nachfrage erst mal das Angebot bei Weitem übertraf. 2022 wurde dann die erste Rikscha von mittlerweile zweien unter dem Dach des Vereins „Menschen in Hanau“ angeschafft. Hier haben die Rikscha-Piloten der ersten Stunden nicht nur eine neue Heimat gefunden, sondern sind seitdem auch besser und größer aufgestellt, sodass noch mehr Anfragen von verschiedenen Personenkreisen bedient werden können. Wochenweise werden die Altenheime angefahren, meist in der Zeit von 14 bis 16 Uhr.

Einfühlungsvermögen gefragt

Da eine solche Rikscha recht teuer in der Anschaffung ist, darf sie auch nur von erfahrenen Piloten manövriert werden. 8.000 Euro kostet in etwa ein solches Prachtexemplar, ausgestattet mit Elektroantrieb, in dem bis zu zwei Leute Platz nehmen können. „Einen Elektroantrieb muss es schon haben, damit wir den Berg hochkommen“, gibt Majewski zu bedenken. Wenn man als Pilot im Altenheim vorfährt, dann muss man auch stets einplanen, dass die Fahrgäste nicht gut zu Fuß sind und ihre Zeit brauchen, um mit ein wenig Hilfe vom Rollstuhl in die Rikscha umzusteigen. Haben die Gäste erst einmal Platz genommen, wird das jeweilige Ziel des Tages besprochen. Meistens geht es bei den einstündigen Fahrten in die Innenstadt. „Viele wollen aber auch mal ihr altes Haus wiedersehen“, diese Erfahrung hat der Bruchköbeler Majewski ebenfalls gemacht. Er fährt seine Gäste dann wunschgemäß dorthin. Nicht selten kommt es vor, dass man bei einer dieser Fahrten auch auf ehemalige Nachbarn stößt und sich daraufhin schöne Gespräche entwickeln. Genau dieser soziale Aspekt macht auch dieses Ehrenamt für ihn aus, findet Majewski, der sich wiederum freuen würde, wenn er und die mittlerweile 14 weiteren Rikscha-Piloten noch mehr Unterstützung von weiteren Freiwilligen bekommen würden. „Wir suchen derzeit noch Rikscha-Piloten und bilden diese auch aktiv aus“, bekräftigt Julian Kreis von „Menschen in Hanau“. Jeder kann sich für dieses erfüllende Ehrenamt zur Verfügung stellen. Zwei Voraussetzungen gelte es aber schon mal zu erfüllen: Man muss Fahrradfahren können und auch Empathie für die Menschen haben. „Wenn man nicht richtig navigiert, dann kann eine Rikscha, die ziemlich schwer ist, auch umkippen“, gibt Majewski zu bedenken. Das soll natürlich verhindert werden, indem die Ehrenamtlichen gut und ausreichend auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet werden. „Wir wenden hier ein spezielles Ausbildungsschema an, das sich bewährt hat“, erklärt Julian Kreis, der froh und glücklich darüber ist, dass man dieses tolle Projekt beim Verein „Menschen in Hanau“ ansiedeln konnte. Denn der Verein selbst sei ursprünglich als Inklusionsprojekt für die Stadt an den Start gegangen – für Menschen mit Behinderung. Dies unter dem Aspekt, dass Inklusion ganzheitlich zu betrachten ist. Getreu diesem Grundsatz galt es eine Plattform für alle unter dem Gesichtspunkt des Vielfaltgedankens zu entwickeln, die Menschen zusammenführt. Dies sei auch gelungen, meint Kreis. Mit den Jahren ist nicht nur das Projekt, sondern auch die Vielfalt an Tätigkeitsfeldern gewachsen. 2021 schaffte der Verein das erste Fahrradtandem an. Ein Jahr später war der Drahteselfuhrpark bereits angewachsen, sodass man der Hanauer Parkhausgesellschaft dankbar dafür war, eine Garage für die Gefährte zu bekommen, in der sie sicher und trocken untergestellt werden konnten. 2022 wurde dann das erste Rikscha-Team aufgestellt. Mittlerweile ist dieses Feld so weit gewachsen, dass sich ein vierköpfiges Koordinationsteam um sämtliche Aspekte von der Kommunikation bis hin zum Einweisen der neuen Fahrer kümmert. Zu allererst setzen sich die Neulinge erst mal in eine Rikscha, um ein Gefühl für ihre Maße zu bekommen. Das erste Fahrtraining findet ohne Gäste statt, eine Trockenübung sozusagen. Stellt sich der Interessent gut an, geht es in die nächste Runde mit den Unterrichtseinheiten. „Wichtig ist auch, dass man lernt, den großen Wendekreis richtig abzuschätzen“, fügt Majewski hinzu.

Neue Piloten gesucht

Läuft alles nach Fahrplan, dann übergibt der Ehrenamtliche an einen Paten, der den angehenden Rikscha-Piloten weiter betreut und ihm auch beibringt, worauf er bei der Zielgruppe Senioren genau achten muss. Zusammen geübt wird, wenn beide Zeit haben und fahren können. „Wir suchen auch weiterhin Piloten, denn wir können nicht alle Zeiten abdecken“, weiß Julian Kreis. Neu hinzugekommen ist jetzt ein weiteres Rikscha-Angebot, das man mobilitätseingeschränkten Personen machen möchte, die zu Hause leben. Diese Zielgruppe in der Hanauer Kernstadt soll auch in den unbeschwerten Genuss einer Rikscha-Fahrt kommen können. Interessierte können sich generell melden. Dies alles kann auf Zuruf geschehen, denn die meisten Rikscha-Fahrer sind Pensionäre und daher ein wenig flexibler in ihrer Zeiteinteilung. Berufstätige Piloten sind aber genauso willkommen. Dafür wird bereits aktiv auch mit einem Flyer geworben, der in der Rikscha bei jeder Fahrt ausliegt. Natürlich kommt man bei einer solchen Fahrt auch schnell mit anderen Menschen ins Gespräch und die daraus resultierende Mundpropaganda ist auch gut fürs Geschäft. Für Detlev Majewski ist die Ausübung dieses Ehrenamtes mehr als erfüllend: „Ich fahre selbst gerne Fahrrad, interagiere gerne mit Menschen und habe als Bruchköbeler auf diese Weise Hanau kennengelernt“, schwärmt er.

Künftig wolle man mit den Rikschas auch noch mehr Präsenz in der Stadt zeigen, sagt Julian Kreis, der dabei an öffentlichkeitswirksame Aktionen wie das Stadtradeln oder Fahrraddemos denkt. Wer möchte, kann übrigens auch Gutscheine für eine Rikscha-Fahrt erwerben und sie dann einer Person seiner Wahl schenken. Auch das ist möglich und erhöht die Sichtbarkeit für den Verein. „Wir sind mittlerweile auch zu einer kleinen Community zusammengewachsen“, sagt Majewski auch stellvertretend für die anderen Rikscha-Fahrer. Man trifft sich auch privat zum Austausch getreu dem Motto  „Mit dem Wind in den Haaren“. Apropos Wind: Gut zu wissen, dass eine Rikscha sowohl über einen Wind- als auch einen Sonnenschutz verfügt. Die beiden Rikschas des Vereins sind übrigens nach einem Märchen der Brüder Grimm benannt. Vielleicht war es auch ein Rikscha-Märchen.

Hier der Artikel zum Download.

verfasst von Elena Schemuth

Kommende Veranstaltungen - barrierefrei und inklusiv

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