Der Christopher Street Day findet am 29. Juni 2019 erstmals auch in Hanau statt. Der Verein CSD-Hanau e.V. berichtet von den Vorbereitungen und worauf wir gespannt sein dürfen.
Was ist der CSD überhaupt?
Der Christopher Street Day, oder abgekürzt CSD, ist die deutsche Bezeichnung für die Gay Pride/Pride Parade, die in New York ihren Ursprung hat. Seit 1970 wird dort am letzten Sonntag im Juni an die Aufstände in der Christopher Street erinnert. Ziel war und ist die Verbesserung der rechtlichen und gesellschaftlichen Stellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Queeren, usw. (LGBTQ+).
Was ist der Hintergrund?
Wenn man in den sechziger Jahren in den USA offen homosexuell oder als Transgender gelebt hat, war man starken Anfeindungen und auch polizeilichen Übergriffen ausgeliefert. Teilweise bis in die 90er und darüber hinaus war es in verschiedenen Bundesstaaten in den USA unter Strafe gestellt homosexuelle Praktiken auszuüben.
Im Juni 1969 eskalierte die Situation und es kam zu mehrtägigen Protestbewegungen. An diese wurde bereits ein Jahr später in einer Demonstration für die Rechte und gegen Diskriminierung von LGBTQ+ erinnert. Die Demonstration entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer Parade, die vor allem Sichtbarkeit generieren sollte.
Vergleichbar war es in Deutschland. In § 175 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) wurden sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe gestellt. 1969 wurde das Gesetz gelockert, aber in verschiedenen Formen existierte der Paragraph noch bis 1994.
In Deutschland gab es nach amerikanischem Vorbild erstmals 1972 in Münster eine Pride-Demonstration. Berlin und Bremen folgten. Die im deutschsprachigen Raum als CSD bekannten Veranstaltungen locken jährlich tausende Menschen an. Die größten CSD‘s in Deutschland finden in Berlin und Köln statt.
Weltweit beteiligen sich Millionen von Menschen an den sogenannten Pride-Paraden.
Eckdaten zum 1. CSD in Hanau
Die Idee für einen CSD in Hanau, der den gesamten Main-Kinzig-Kreis einschließen soll, steht bereits seit längerer Zeit im Raum. 2018 wurde es dann konkret und der Verein CSD Hanau e.V. wurde ins Leben gerufen.
Warum der erste CSD Hanau 2019 stattfinden sollte, lag klar auf der Hand. Die sogenannten Stonewall Aufstände jähren sich zum 50. Mal, ebenso die Entschärfung des § 175. Vor 25 Jahren wurde besagter Paragraph schließlich ganz abgeschafft.
Ein CSD findet zwar regelmäßig in Frankfurt statt, doch die Gründer des Vereins suchten etwas vergleichbares für Hanau und Umgebung. Mit der Initiierung in Hanau soll also eine Lücke geschlossen werden.
Als im August 2018 das erste Treffen für die Organisation des 1. Hanauer CSD stattfand, waren bereits einige Interessierte anwesend. Es wurden Ideen ausgetauscht und erste Aufgaben verteilt. Dass im Laufe der Planung die Dimensionen deutlich größer wurden, als ursprünglich gedacht, empfinden die Organisierenden als positives Zeichen.
Was erwartet uns also beim Hanauer CSD?
Mit dem Demonstrations-Zug wird der 29. Juni 2019 der Kern und Abschluss einer Reihe von Veranstaltungs-Terminen sein, die am 10. Juni starten sollen. Die sogenannten Pride-Weeks versprechen eine bunte Mischung aus Info-Veranstaltungen, Shows, Lesungen und vielem mehr. Alle Programm-Punkte und mögliche Vorverkaufs-Infos findet ihr hier.
Die Demonstration selbst wird am 29. Juni 2019 um 12:00 Uhr am Schloss Philippsruhe starten und endet mit der offiziellen Eröffnung am Olof-Palme-Haus. Die geplante Route ist: Philippsruher Allee, Kanaltorplatz, Nussallee, Eugen-Kaiser-Straße, Heinrich-Bott-Straße, Schloßplatz, Im Schlosshof, Nordstraße, Freiheitsplatz, Fahrstraße, Am Markt, Römerstraße, Kanaltorplatz, Philippsruher Allee und wieder Schloß Philippsruhe.
Während sich ab 10:00 Uhr die ersten Personen am Schloss treffen können, sind alle, die nicht mitlaufen können ebenso ab 12:00 Uhr direkt am Olof-Palme-Haus eingeladen, um gemeinsam auf die Mitlaufenden zu warten. Sobald die Demo-Gruppe zurück ist, startet dort das offizielle Bühnenprogramm. Voraussichtliches Ende ist 22:00 Uhr. Im Anschluss wird es in der ‚Library Hanau‘ eine CSD After-Show-Party geben.
Mit der Größe der Veranstaltung sind natürlich auch die Aufgaben gewachsen, verrät uns das Orga-Team des Vereins. Neben dem Vereins-Vorstand engagieren sich viele Mitglieder aktiv, um den 1. Hanauer CSD erfolgreich ablaufen zu lassen. Wer mitmachen oder das Projekt unterstützen möchte, findet alle wichtigen Informationen und Kontakte dazu hier.
Die Organisierenden betonen, dass der CSD für alle Menschen gedacht ist. Es soll nicht darum gehen, eine Gruppe hervorzuheben, sondern das Miteinander zu stärken und auf noch immer vorhandene Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Daher wird die Demonstration und der gesamte CSD durch die Regenbogenfahne repräsentiert. Alle sollen sich angesprochen fühlen und sind herzlich willkommen teilzunehmen.
Das Ziel des CSD ist und bleibt, die Rechte der LGBTQ+ Community zu stärken und die Diversität unserer Gesellschaft sichtbar zu machen.
Wer sich noch weiter informieren möchte, findet alle Termine und Infos unter www.csd-hanau.de.
Spenden-Aktion
Ein Event zu organisieren ist immer spannend und umfangreich. Vielleicht würdet ihr gerne Helfen, habt aber nicht so viel Zeit zur Verfügung? Veranstaltungen zu planen und umzusetzen funktioniert nicht ohne Kosten. Wenn ihr also das Projekt finanziell unterstützen möchtet ist das kein Problem.
Bis zum 19. Mai 2019 läuft auf Facebook beispielsweise eine Spenden-Aktion, bei der ihr euch beteiligen könnt. Und auch wenn ihr gerade nichts spenden könnt, dann gebt die Info einfach weiter.
Hier geht es zur Spenden-Aktion.
Weitere Infos zu diesem Thema findet ihr hier.
Historisches
Die Gay Pride in New York ist die älteste Veranstaltung dieser Art weltweit. Seit 1970 ist die Demonstration für die Anerkennung der Rechte von LGBTQ+ gewachsen und gehört mittlerweile zu den meistbesuchten Events überhaupt.
Wie kam es dazu?
In den 60‘er Jahren waren homosexuelle Praktiken in den USA gesetzlich verboten. (In Deutschland verschärft bis 1969, endgültige Abschaffung erst 1994.) Wurde man geoutet, lief man Gefahr in die Psychatrie oder ins Gefängnis zu kommen. Bürgerrechtsbewegungen, um diese Situation zu ändern gab es zwar vereinzelt schon, aber nicht in der Größenordnung, wie es die Gay Pride werden sollte.
In bekannten Szenebars und Clubs gab es regelmäßige polizeilich durchgeführte Razzien, die oft mit Schikanen und Gewalt verbunden waren. Eine von diesen Bars war das Stonewall Inn, in der Christopher Street 53, in Greenwich Village. Ein Ort, der von vielen Menschen gemieden wurde, aber für Homosexuelle, Transgender und andere isolierte Gruppen ein Rückzugsort war.
In der Nacht vom 28. Juni 1969 fand schließlich eine Razzia statt, die das Fass zum überlaufen brachte. Erstmals in der Geschichte hatte sich die Community geschlossen zur Wehr gesetzt. Über vier Tage gab es Proteste, an denen sich bis zu 2.000 Menschen beteiligt haben sollen. Personen wie Stormé DeLarverie, Marsha P. Johnson oder Sylvia Rivera tauchen dabei in der Literatur häufig als Initiierende und Unterstützende der Bewegung auf.
Als Folge bildeten sich verschiedene Organisationen, wie die GLF (Gay Liberation Front), denen es vor allem um eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung und um Öffentlichkeit ging. Man wollte sich nicht mehr verstecken und bestehende Irrglauben zu Homosexualität und Geschlechtsidentitäten beseitigen. Die Aufstände und das Gedenken an diese haben bis heute weltweite Auswirkungen.
Warum brauchen wir das heute eigentlich noch?
Gesetzlich betrachtet sollten wir alle gleichberechtigt leben und Diskriminierung sollte im Jahr 2019 kein Thema mehr sein. Die Realität sieht leider anders aus. Noch immer gibt es Benachteiligungen, Anfeindungen und auch gewalttätige Übergriffe. Gleichgeschlechtlichen Ehen und Partnerschaften werden nicht die gleichen Rechte eingeräumt uvm.
Auch in den Medien ist eine starke Unterrepräsentanz erkennbar. Sei es in Filmen, Talkshows, Zeitungsberichten oder selbst in der Werbung. Oft reicht es nur für klischeehafte Darstellungen, wenn Menschen nicht dem traditionellen Rollen- oder Geschlechterbild entsprechen. Es besteht demnach noch Handlungsbedarf.
Als Fazit kann man sagen, dass sich der CSD Hanau in eine bewegte Tradition einreiht und in der Stadt wichtige neue Akzente setzen kann. Mit der richtigen Unterstützung kann der CSD Hanau ein wichtiger und fester Bestandteil des Hanauer Veranstaltungskalenders werden.
Wir sind auf jeden Fall dabei und werden von den Events rund um den CSD Hanau berichten. Also macht mit und haltet euch auf dem Laufenden.
Quellen und weitere Informationen
- https://www.csd-hanau.de/
- https://www.instagram.com/csd_hanau/
- https://www.facebook.com/CSDHanau2019/
- https://www.tagesspiegel.de/ (Abruf: 19.04.2019; 17:07 Uhr)
- https://2019-worldpride-stonewall50.nycpride.org/
- https://diefreiheitsliebe.de/kultur/christopher-street-day-der-radikale-ursprung-der-pride/
- https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/sexualitaet/homosexualitaet/pwiechristopherstreetday100.html
- https://csd-frankfurt.de/was-wir-wollen/