Die großen Tech-Unternehmen haben den nächsten Zukunftstrend ausgerufen: Die Virtual und Augmented Reality. Ob Apple, Microsoft, Sony oder Meta – alle investieren massiv und hoffen auf die nächsten großen Gewinne. Doch welche Veränderung bringt das mit sich und gibt es auch Chancen und Herausforderungen für die Inklusion?
Was ist Virtuell Reality (VR) und Augmented (AR)?
Bei der Virtual Reality (VR) handelt es sich um ein virtuell geschaffene Realität, in die mithilfe von Virtual-Reality Brillen eingetaucht werden kann. Es wird in kreativ geschaffenen Welten zusammen gespielt, gelernt, gearbeitet und kommuniziert. Auch der Besuche von weit entfernten Städten, Museen oder Konzerten wird möglich. Die 3D Erfahrung sorgt für ein wesentlich realeres Gefühl des Erlebens, als es das schauen eines Videos auf dem Handy oder Computer kann. Zusätzliche Hilfsmittel von Laufbändern bis gefühlsübermittelnde Anzüge (z.B. Wärme & Kälte) sollen das Erleben noch realer machen.
Mit der Augmented Reality (AR) Brille hingegen werden dem Träger Zusatzinformationen in seiner direkten Interaktion mit der Welt geliefert. Zurzeit werden dafür oft noch Smartphones benutzt, da die Technik noch sehr teuer ist und noch nicht gänzlich ausgereift. Ein bekanntes Beispiel für die Idee, ist das Spiel Pokemon GO, bei welchem Spielfiguren auf dem Handy in die Reale Welt hinein projiziert werden oder von Ikea und der Darstellung von Möbeln in die eigenen Räumlichkeiten.
Welche Chancen und Herausforderungen gibt es?
Wie mit den meisten Dingen kann auch diese neue Technik positive, den Menschen unterstützende, als auch negative, dem Menschen schädliche, Seiten entfalten.
Es kann eine dystopische Realität werden, in der wir die Brillen aufsetzen um unserer eigenen physischen Realität zu entfliehen und in der Großkonzerne noch mehr Nutzerdaten abgreifen und unsere Erlebniswelt durch Algorithmen steuern.
Es kann aber auch eine positive werden, in der die Brillen uns neuartige Formen der Interaktion und des Lernens und des Lebens in der Welt ermöglichen.
Wahrscheinlich wird es etwas von beidem sein und wie auch heute schon, zumindest zum Teil von unserer persönlichen Nutzweise abhängen.
Sehr wahrscheinlich ist jedoch, das es über die nächsten 5-10 Jahre in unterschiedlichem Maße großen Einzug in unser Leben finden wird.
Dadurch werden auch wie bei der Nutzung des Internets und von Computern, alte Fragen auftauchen, wie z.B. die Möglichkeiten der barrierefreien Nutzung der Geräte und Software. Kann jeder teilhaben bzw. wird inklusiv mitgedacht? Wie sieht es mit Rassismus und Gewalt in den neuen digitalen Räumen aus? Welche Rahmenbedingungen und Regeln werden festgelegt?
Fragen die mit verbreitetem Nutzen verstärkt aufkommen werden.
Doch welche Projekte gibt es jetzt eigentlich schon in diesem Bereich und wo könnte die Reise hingehen?
VR- und AR- Inklusions-Projekte
Noch ist die Nutzerzahl vergleichsweise klein und dementsprechend auch die Anzahl verschiedener Entwicklerstudios die für die Virtuell-Reality programmieren. Es wird viel ausprobiert und geforscht und doch zeigen sich auch schon viele spannende Trends und Projekte:
Der Perspektivwechsel und das verbesserte Lernen
Durch das Eintauchen in ein 3D-Welt und damit das weitestgehende Ausblenden unserer physischen Umgebung erleben wir alles gezeigte wesentlich realer, als zum Beispiel auf einem normalen Bildschirm oder Handy. Unsere Gehirn lässt uns glauben wir wären wirklich anwesend und alle Eindrücke sind wesentlich einprägsamer.
Studien zeigen deswegen auch, dass die virtuelle Realität sich positiv auf unsere Lernfähigkeit auswirkt. Wir lernen effektiver und schneller und können uns besser an Informationen erinnern. Auch wurden Erfolge erzielt Soft-Skills effizienter und billiger beizubringen als beispielsweise per E-Learning oder im Klassenzimmer.
Ein Beispiel dafür ist “Zeitbild” das mit seinen Partnern Anwendungen entwickelt hat, die Auszubildenden mit Lernbehinderung unterstützen soll und dabei hilft Defizite auszugleichen. Jugendlichen mit Lernbehinderung soll damit der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Das Video hier zeigt eine Beispielhafte Lerneinheit zum Thema Arbeitsschutz.
Auch spannend ist die Möglichkeit durch 3-D Welten in die Perspektiven von anderen Menschen kosteneffektiv einzutauchen und Probleme mit denen sie sich konfrontiert sehen direkt erlebbar zu machen.
Das Projekt “Augenblickmal” und das “Vielrespektzentrum” zum Beispiel haben Antirassismus Anwendungen entwickelt, bei welcher der Nutzer die Brille aufsetzten und in die Haut eines unter Rassismus leidenden schlüpft und seinen Alltag direkt und in 3D erleben kann.
Andere Dienstleister wie Virtualbodyworks oder Equalreality haben auch Anwendungen im Programm bei denen der Themenschwerpunkt auf LGBT**,** Behinderungen, Gender oder dem Wohlstandsgefälle liegt. Alle machen es möglich Erfahrungen durch die Augen eines Betroffenen zu machen und so einen direkten Perspektivwechsel zu erleben und reflektieren zu können. Hier ein Beispiel wird anhand von Virtual Reality das erleben von Reizüberflutung greifbarer gemacht wird:
Verkauft werden die Programme aktuell zumeist als Inklusions- und Diversitätsschulungen für Firmen.
Generell scheint Virtuell Reality ein zukünftig spannender Weg zu sein, um in andere Perspektiven realer einzutauchen und um daraus lernen zu können.
Mehr Informationen und der Ausgleich von Einschränkungen
Seien es Einschränkungen im Bezug auf unsere Fähigkeit zu gehen, zu hören oder zu sehen, sie alle können verhindern, dass wir “normal” am alltäglichen Leben teilnehmen können. Doch bieten Virtuell oder Augumented Reality Brillen da eine Lösung an?
Im Bezug auf die Möglichkeit direkt bei realen Ereignissen, für Menschen mit Geheinschränkungen, dabei sein zu können nur bedingt. Stattdessen Fokusieren sich Anbieter darauf Orte virtuell erfahrbar zu machen, die sonst aufgrund von Einschränkungen, sei es körperlicher oder finanzieller Natur, nicht zugänglich wären.
Nomensa zum Beispiel hat eine VR-Anwendung für den National Trust in England entwickelt, der es ermöglicht das historische Killerton House in Devon in der virtuellen Realität zu besuchen. Das Startup Day Care Technology hingegen hat sich als Modellprojekt die Schloss Burg an der Wupper (Solingen) ausgesucht. Denn gerade historische Gebäude sind oftmals nur schwer Zugänglich für Menschen mit Rollstuhl.
So kann VR zwar nicht dazu beitragen, dass Orte wie Schlösser, Berge, Museen oder Konzerte real besucht werden können, sie ermöglichen aber doch einen Eindruck, der sonst vielleicht für den ein oder anderen nicht möglich gewesen wäre. Die Menschen im Altersheim haben sich laut “nomensa” aufjedenfall gefreut, das Killerton House mithilfe von VR “besuchen” zu können.
Ein Ausgleich kann es jedoch doch nicht für die Bemühungen sein, so viele Orte und Events wie möglich im realen barrierefrei zugänglich zu machen.
Für Menschen mit Hör- und leichten Sehbinderungen hingegen bieten die VR und AR Brillen die Möglichkeit ein mehr an Informationen einzublenden, wie zum Beispiel eingeblendete Richtungsangaben, Sprachausgaben oder visuelle Zusatz-Beschreibungen. Erste Projekte und Studien wie “Work by Inclusion” und ADAMAAS beschreiben positive Auswirkungen. Doch nicht nur Datenbrillen als solches, sondern auch Technologie zur Befestigung an einfachen Brillen kann dabei helfen etwas Ausgleich zu schaffen. Die “Orcam” zum Beispiel wird auf die Brille aufgesteckt und liest für Menschen mit Seheinschränkungen Bücher vor, erkennt Gesichter oder Alltagsgegenstände. Das “transcribeglass” hingegen liefert Untertitel in Echtzeit und zum Mitlesen für Menschen mit Höhreinschränkungen und soll bald auf den Markt kommen.
Gesamt lassen sich also einige positive Möglichkeiten und Trends für Virtuell- und Augumented Reality-Brillen im Bereich der Inklusion und Teilhabe feststellen. Zu beobachten bleibt wie handhabbar bzw. barrierefrei die Brillen und Programme abseits von spezifischen Anwendungen für Menschen mit Einschränkungen werden.