„Hundumglücklich“, so heißt die Hundeschule, die ich seit 2014 mit meiner Freundin zusammen betreibe. Bei uns steht das Glück beziehungsweise das Sich-Wohlfühlen im Team eines jeden Hundes und des dazugehörigen Menschen im Fokus. Und auch für mich bedeutet der Schritt in die Selbstständigkeit einen Sprung nach vorne in meinem Leben. Denn ich entschloss mich trotz Diabetes meinen eigenen Weg zu gehen.
1994 als Siebenjährige wurde bei einer Standard-Blutuntersuchung Diabetes Typ 1 festgestellt. Was bedeutete das für mich? Als erstes einen mehrwöchigen Aufenthalt in der Klinik, um richtig eingestellt zu werden, den Umgang mit dem Blutzuckermessgerät zu lernen und in Abstimmung auf meine Werte und meine Mahlzeiten entsprechend Insulin zu spritzen. Als kleines Mädchen realisiert man lange nicht, was diese Diagnose heißt. Meine Eltern wussten es…
Ich weiß nicht, wie oft ich meine Mama sagen hörte, dass sie mir die ganze Zuckergeschichte so gerne abnehmen würde. Wir litten gemeinsam. In den ersten Jahren standen wir jede Nacht auf und ich musste Insulin spritzen. Hoch entwickelte Langzeit-Insuline, wie ich sie heute „genieße“, gab es damals noch nicht. Damit ich morgens nicht mit extrem hohen Werten aufwachte, zogen wir das jahrelang durch. Die Angst vor Spätfolgen war und ist ein ständiger Begleiter….
Doch mein Kinderarzt Dr.Krill zog irgendwann die Notbremse und stellte die Insulinzufuhr entsprechend um. Denn wir sollten mal wieder durchschlafen…
Neben regelmäßigen Arztbesuchen, Kuraufenthalten und dem alltäglichen Messen, Spritzen und kontrolliert Essen (auch wenn ich manchmal doch nicht so viel Hunger hatte) musste ich zwangsläufig sehr schnell erwachsen werden. Ich höre meinen Bruder heute noch sagen, ich sei langweilig, sehr ernst und hätte keinen Spaß. Diese massive Partyphase, wie sie viele Gleichaltrige durchlebten, hatte ich nicht. Ich zog recht früh von zuhause aus. War auf mich gestellt und erfüllte mir schnell den Herzenswunsch eines eigenen Hundes. Verantwortung übernehmen konnte ich gut und auch mit diesem ziemlich verhaltensauffälligen Hundemädchen namens Chita arrangierte ich mich schnell. Sie lenkte mein Leben in andere Bahnen und ist auch heute noch treu an meiner Seite.
Ich machte mein Abi und eigentlich war seit Kindesbeinen an klar, dass ich Tierärztin werde.
Da ich allerdings nicht gleich einen Studienplatz bekam, suchte ich nach Alternativen – eine Ausbildung beim Zoll oder der Polizei hätte mich gereizt. Aber – Zucker sei Dank – hatte ich keine Chance. Daher begann ich eine Ausbildung als Tiermedizinische Fachangestellte, um mich auf mein Studium vorzubereiten. Nach der Ausbildung begann ich in Teilzeit in einer Tierarztpraxis zu arbeiten, da ich immer noch keinen Studienplatz bekam. Dort lernte ich auch meine beste Freundin und spätere Geschäftspartnerin kennen.
Mehrere Male hatte ich den Versuch unternommen, nach meinem Kinderarzt wieder einen Facharzt zu finden, dem ich so vertraue wie ihm. Gar nicht so leicht. Nach dem dritten Arzt, der mir Vorwürfe machte, dass ich nicht gut eingestellt sei, hatte ich die Nase voll und gab die Suche nach einem Diabetologen lange auf. Ich ließ regelmäßig meine Langzeitwerte bei meiner Hausärztin checken, diese waren immer mittelmäßig.
Doch als ich mich entschloss, nur noch meine eigene Chefin zu sein und mein Angestelltenverhältnis kündigte, änderte sich auch etwas den Zucker betreffend. Ich wollte glücklich sein und schauen, was da noch geht. Ich fand einen tollen Arzt in Frankfurt, dem ich vertraue und wo ich mich als Mensch wahrgenommen fühle. Ich darf eine eigene Meinung haben. Und es geht voran. Ich entscheide, was geht und was nicht. Ich bin offener geworden neuen Dingen gegenüber, die ich früher abgelehnt habe.
Keine blöden Gefühle mehr auf dem Weg zum Arzt. Er unterstützt mich, wenn ich es brauche, und hat Verständnis, wenn es mal nicht so läuft. Aber es läuft. Ich bin hundumglücklich mit inzwischen drei Hunden und gehe meinen Weg, auch mit dem Diabetes. Ich bin verantwortlich für mein eigenes Glück!!
Es hätte mich viel schlimmer treffen können.