Mit Mik (darkviktory) und Dennis (Kostas Kind)
Interviewer: Louis
Ich treffe die beiden jungen Männer vor einem Café, nur wenige Gehminuten vom späteren Veranstaltungsort entfernt. Nach einer kurzen und freundlichen Begrüßung, statten wir uns mit einem Getränk und einem kleinen süßen Snack aus und setzen uns hin. Nach einem kurzen Austausch, auch zu der Arbeit, die der Verein „Menschen in Hanau e.V.“ vollzieht und einen großen Dank, dass die beiden Zeit für dieses Interview finden konnten, beginnen wir mit der ersten Frage.
ICH: Ich habe hier jetzt insgesamt 10 Fragen, also nicht so viel. Die erste Frage, zuerst über das Buch, wie es zu dieser Idee kam. Und ob das irgendwie so eine gemeinsame Idee war auf viel gekommen seid, oder ob das mehr so was war. Einer hat den Einfall und dann zusammen habt ihr es ausgearbeitet?
DENNIS: Also, wir haben uns damals, also die Idee, überhaupt ein Buch zu schreiben, schwebte, ich glaube, schon länger so über uns.
MIK: Ich mochte halt total gerne, wie er schreibt, aber er ist immer so in seinem YouTube Hamsterrad gewesen. Das ist immer so, aber nächstes Video und nächstes Video und dieses Projekt. Und dann noch, dann eine Moderation auf der Bühne, CSD und so.
Und ja, dann kam Corona und dann saßen wir alle erstmal zu Hause und hatten auf einmal plötzlich ganz freier Terminkalender. Und die Chancen haben wir dann gleich genutzt.
DENNIS: Genau, und dann haben wir uns hingesetzt und überlegt, fällt uns eine Idee ein?
Also, wir wussten auf jeden Fall, von Anfang an schon, das wird eine queere Geschichte, aber was wird der Aufhänger? Und dann haben wir gesagt, wir gucken mal, was uns so für absurde Ideen einfallen. Und dann haben wir am See gesessen und gesagt, jeder muss irgendwie zehn Ideen aufschreiben, die weird sind, wie sich zwei Boys kennenlernen könnten.
MIK: Ja, weil wir gesagt haben, Es gibt so viel Romance, Gay Romance, aber an die meisten, die ich gelesen habe, kann ich mich nicht erinnern. Außer, es hat irgendwie diese Punchline, also, dass sie sagt, „ah, das war das, wo die sich so und so kennengelernt haben“.
DENNIS: Und so viele, dieses, es ist jetzt der neue Mitschüler und so was. Wenn wir natürlich schon recht geben wollten, irgendwas, was man halt gut sagen kann. Wo es auch so ein bisschen edgy ist. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, was noch so auf der Liste stand. Aber die ersten Ideen sind ja die, auf die man schnell kommt. Dann haben wir uns noch mehr gezwungen, weiter zu suchen.
Und dann kamen wir irgendwann auf diese eBay-Idee. Und waren so, okay, eBay wäre eigentlich ganz geil. Da hat man auf jeden Fall was, wo man reden kann. Da ist nur noch die Frage, was kauft oder verkauft man.
Und dann dachten wir so, why not go in? Und dann wurde es halt der Dildo. Und es ist lustig, weil mittlerweile, das Buch ist ja letztes Jahr rausgekommen und jetzt kommt der zweite Teil, jetzt sind wir schon dran gewöhnt, das zu sagen. Aber am Anfang waren wir selber so, „Hihihi“.
MIK: Es geht um ein Online-Geschäft. Und so lernen die sich kennen. Das war mal so die erste Version.
DENNIS: Zwei Jungs, die sich über das Internet kennenlernen. Die ganz, ganz sachte Version.
ICH: Okay, cool. Wie war es denn so mit dem Schreibprozess? War das so ein Fließender, dass ihr die ganze Zeit vorankamt? Oder gab es Schreibblockaden? Und habt ihr auch manchmal sehr aktiv prokrastiniert?
MIK: Also beim ersten Buch war es tatsächlich recht entspannt. Da war es wirklich so, dass wir erstmal angefangen haben zu schreiben. Dann haben wir das erstmal ruhen lassen. Also die ersten paar Kapitel haben wir dann nochmal gelesen und weitergeschrieben. Dann hatten wir irgendwann so eine Hälfte, drei Viertel fertig und sind dann an die Verlage gegangen und haben so gesagt, „ja, wir gucken mal schon irgendwie, ob ein Verlag Interesse hat und so.“
Dann sind wir zu Fischer gekommen. Die haben uns da praktisch gematcht. Die waren auch erstmal so, oh mein Gott, das klingt ja absurd. Und dann, als wir aber die Präsentation hatten und erklärt haben, okay, es ist zwar absurd, aber unter dieser ganzen wilden Geschichte, sag ich mal, ist eine recht ehrliche Geschichte über sich selbst finden, über Coming of Age, über Coming out in verschiedenen Stages. Also Emil, der sehr früh sich outet. Damian, der sich viel später outet und so. Und sich darin auch wieder zu erkennen. Und dann, als wir dann praktisch so das Manuskript erstmal schon so zu drei Vierteln fertig hatten, dann konnten wir halt so entspannt nochmal den Schluss schreiben und dann war es durch.
Das 2. Buch war dann ganz anders, weil da hatten wir dann direkt, vom Verlag die Ansage, „okay, wenn das erste Buch raus ist, sollte das zweite am besten so ein Jahr später kommen, dass der Hype nicht zu sehr abrutscht und dann vergisst man ja auch so viele Sachen.“ Dann haben wir gesagt, okay, ja, kriegen wir hin, easy, blocken wir uns zwei Monate, Januar, Februar. Als wir dann angefangen haben, das war, als wir noch gar keinen Plan hatten, was passiert in Buch zwei? Und dann, als wir uns hingesetzt und konzeptioniert haben, „okay, wir wollen schon was wirklich Großes erzählen“, wurde es länger und länger und größer und komplexer, sodass das aus zwei Monaten, drei Monate wurden, und eigentlich kaum Zeit für Fehler gab.
DENNIS: Also es war wirklich so, dass die verlängerte Abgabe am 30.03. war und wir haben es am 30.03. um 20 Uhr rübergeschickt, weil wir wirklich bis zur letzten Sekunde daran gearbeitet haben.
MIK: Und auch jetzt, das Buch geht Mittwoch in den Druck und wir schreiben immer noch parallel und sind so, hier noch eine Korrektur, da müsste noch was geändert werden.
DENNIS: Kann da noch ein Absatz rein? Dann so, „Nein, weil dann geht es wieder auf die nächste Seite, das geht nicht“. Das darf man auch nicht unterschätzen. Also ja, der Schreibprozess ist natürlich ein großer, aber das ganze Klim-Bim danach mit Lektorat…
MIK: Die Slots bei der Druckerei, die geblockt werden müssen. Die Freiheiten für dein Buch, das sind dann ja all diese Sachen, die so langfristig geplant sein müssen, auch irgendwie, dass das Buch dann halt auch pünktlich rauskommt.
DENNIS: Deswegen, um zur Ursprungsfrage zurückzukommen, beim Ersten war auf jeden Fall Raum für Prokrastinieren, weil da war es ja wirklich so, dass wir manchmal, weil wir ja beide auch nicht hauptberuflich Autoren sind, sondern er sein Animationsstudio hat, ich mein YouTube und so, dass wir eigentlich das Buch als Side-Projekt gemacht haben. Dieses Mal war es aber…
MIK: … Das ging dann auch das ganze Jahr so weiter.
DENNIS: Ja, genau, das ist einfach ja so fett da. Ja, manchmal bringt es Druck auf, dass man nicht prokrastiniert, weil man nicht kann.
ICH: Die nächste Frage wäre tatsächlich – ist etwas persönlich – müsst ihr nicht beantworten:
Sind in das Buch, im ersten oder zweiten Teil, auch persönliche Erfahrungen eingeflossen, also, dass ihr wirklich gesagt habt, „Mir ist mal sowas in der Art passiert, das würde ich gerne mit reinnehmen“, oder, „das passt ganz gut an der Stelle“?
MIK: Also, ich würde sagen, unser Kennenlernen und die Situation, aus denen wir kommen sind schon recht ähnlich, also zu mir, der Emil geschrieben hat, er hat Damian geschrieben. Also jeder hat einen Charakter geschrieben und aus seiner Perspektive. Und da die beiden Jungs sich auch online kennenlernen, leben beide so ziemlich in ihrer Welt und haben ihre Chats, die auch im Buch wunderschön illustriert sind, alle mit Bildern und Fotos, die sie sich senden. Immer als so ein Fenster zueinander. Und ich würde sagen, meine Welt, also Emils Welt, hat schon viele Parallelen zu meiner Welt und deine [zu Dennis] auch das späte Coming-Out bei mir, das junge Coming-Out.
DENNIS: Also spät, ja. [Mik: Spät, mit 19. ] Ich war 19, er ist hier 17, das ist eigentlich nicht so spät, aber immer gleich so Emil, der das schon gefühlt mit 3 wusste. Also ich würde sagen, es ist auf jeden Fall sehr beeinflusst durch Dinge, die wir erlebt haben.
Es ist halt nicht eine 1 zu 1 Kopie, aber es sind viele Situationen die wir kennen und es ist auch so ein bisschen „write what you know“, ich glaube, dass auch unbewusst Vieles einfach in die Charaktere einfließt und dass der Charakter Entscheidungen fällt oder Dinge bewertet, wie man es auch machen würde, in a way. Außer du sagst, es ist ein ganz anderer Charakter, aber sonst, glaube ich, passiert das schon an vielen Stellen, auch dadurch, dass wir ja beide wirklich getrennte Charaktere geschrieben haben.
Jetzt im zweiten Buch war das nochmal eine besondere Herausforderung, weil sie auch viel zusammen vorkommen, aber trotzdem alles aus Damian’s Sicht von mir kam, alles aus Emil’s Sicht von ihm [an Mik gerichtet], und natürlich auch so Redewendungen, was wir halt sagen, da ein bisschen mit eingeflossen sind. Das haben auch Freund*innen von uns zum Beispiel gesagt, „ihr müsst mir eigentlich gar nicht verraten, wer das geschrieben hat, weil so wie Damian das zu seiner Schwester sagt, ich schon wusste, dass das Kosta war.“.
MIK: Und im zweiten Buch gibt es das jetzt natürlich noch mehr, auch wenn es in die Tiefe der Beziehung geht. So geht es natürlich viel auch um Sachen, die bei uns Probleme waren, Probleme sind und wie wir diese lösen, weil wir häufig auch die Frage bekommen, „Wie schafft ihr es jetzt, fast 13 Jahre zusammen zu sein?“
Das zweite Buch gibt viele Antworten darauf, wie geht man mit Problemen in der Beziehung um und wie bleibt man auch in Check mit sich selber und irgendwie trotzdem zu verteidigen, was für einen selber wichtig ist, sich nicht komplett aufzugeben für eine Beziehung und trotzdem einen gemeinsamen Weg zu finden?
ICH: Da habt ihr mir schon ein bisschen was vorweg genommen bei den Fragen. Nämlich zum Thema Teamwork beim Schreiben. Ihr habt das ja schon mehr oder weniger beantwortet, du hast den Damian geschrieben [an Dennis gerichtet] und du hast den Emil geschrieben [an Mik gerichtet].
War das so ein fließender Prozess vom ersten zum zweiten Teil oder war das wirklich, dass der erste Teil so einen Cut hat und dann erst der zweite Teil losgeht?
DENNIS: So, ja. Wir wussten schon und haben schon mal gesagt, als der erste Band rauskam, dass wir Interesse hätten, noch weiter zu schreiben, und lustigerweise haben wir von Fischer, vom Verlag, ein Angebot bekommen, dass sie gesagt haben, sie würden auf jeden Fall ein zweites Buch mit uns schreiben, aber sie wüssten noch nicht ob es Toyfriends 2 wird oder ob es ein anderes Buch wird.
Weil, was Mik gerade schon meinte, wenn du heute einen zweiten Teil zu einer Sache schreibst, dann kommen ja natürlich nochmal andere Herausforderungen auf, dass es am besten nicht so viel spät danach raus kommen sollte und so weiter. Wir haben aber gesagt, wir würden eigentlich schon gerne mit denen weiter schreiben.
Dann musste sich aber erst mal zeigen, ob der Erste sich verkauft und so weiter. Und deswegen lag so zwischen dem Moment, dass das erste Buch rauskam und wir angefangen haben, das zweite Buch zu schreiben, fast ein 3/4 Jahr. Also, es war schon getrennt, aber was wir auch schon angerissen haben, war es auch eine sehr andere Erfahrung auf jeden Fall das zweite Buch zu schreiben.
Mik: Und inhaltlich macht das 2. Buch natürlich total Sinn, weil das erste Buch ist halt so die Reise der beiden jeweils zu sich selbst und wie findet man sich selber im Erwachsenwerden. Und wie schön ist es, eine andere Person irgendwo zu haben, die einen dabei begleitet und hilft und neue Perspektiven aufs Leben gibt. Aber im Endeffekt ist es halt keine klassische Romance.
Trotzdem endet es ja damit, dass die beiden sich im realen Leben treffen und wir jetzt natürlich gespannt im zweiten Buch erkunden können, wie translated sich diese Ehrlichkeit aus den Chats ins reale Leben? Weil es ja doch nochmal ganz anders ist, jemandem face-to-face gegenüber sitzen und nur weil man online klickt, wie klickt das dann halt im real-life, großes Fragezeichen. Und wie schafft man das?
ICH: Dann habt ihr ja schon über die Hälfte der Fragen beantwortet. Wir sind gut dabei mit der Zeit. Die nächste Frage: Ist ein dritter Teil geplant? Gibt es andere Zukunftspläne im Bereich Schreiben, dass ihr da irgendwelche weiteren Buchprojekte habt, vielleicht wieder was zusammen oder getrennt was habt, in einem anderen Genre vielleicht, in Fantasy? Sci-fy? Gibt ja eine gigantische Auswahl.
MIK: Also ich würde sagen, Toyfriends 2 hat ein recht rundes Ende, wo man sagt, man könnte es genauso stehen lassen, ob das jetzt gut oder schlecht ist, das muss jeder rausfinden, wenn er das Buch gelesen hat. Und trotzdem gibt es so ein Motiv in Toyfriends: Das erste Buch spielt ja im vierten Monat, im April, das Zweite dreht sich jetzt um die vier Jahreszeiten. Also würde es nahe liegen, zu sagen, man macht eine Quadrologie daraus. Aber wir wissen es noch gar nicht. Es gibt Konzepte für nachfolgende Bücher. Aber ich würde sagen, wir sitzen erstmal Buch 2 aus und genießen, dass das da ist.
Weil für uns ist klar, dass wir auf jeden Fall nicht nächstes Jahr den Dritten rausbringen. Das jetzt wirklich so viel Ressourcen auch gefressen und es uns aus ganz vielen anderen Projekten rausgezogen hat. Aber ich hoffe ja immer, dass Dennis auch noch mal ein eigenes Buch schreibt, weil, ich hatte ja vorher schon „One Exit“ geschrieben und hoffe [an Dennis gerichtet:], dass du auch noch mal was schreibst.
DENNIS: Ja, also ich kann es mir auf jeden Fall vorstellen, weil ich finde, ich bin ja wirklich eher von YouTube, es ist einfach so eine ganz andere Erfahrung und es ist toll. Du machst ja so viele Großprojekte, aber so längere Zeit in ein Projekt zu investieren ist richtig geil. Aber ich muss auch sagen, so wie wir es jetzt gemacht haben, mit dem Zeitdruck und SO komprimiert, würde ich es auch nicht nochmal machen. Jetzt war es wirklich fertig, bin ich auch ehrlich, am 30.03. um 20 Uhr. Als wir es abgegeben haben, war ich so: „Pack den Tisch zusammen, ich fasse nie wieder in meinem Leben diese Tastatur an, ciao!“
Aber natürlich ist es jetzt ja ein bisschen später und jetzt, actually gestern, das erste Mal so ein bisschen was aus dem Buch vorzulesen, vor einem Publikum, und das machen wir ja heute auch noch, das ist schon einfach so rewarding und geil, dass man den Schmerz auch ein bisschen vergisst.
Mik: Ich sag immer, das ist wie Geburtsschmerz bei jedem Großprojekt irgendwie. Wenn du da drin bist, denkst du so, „ich hasse dich, ich will, dass es endlich vorbei ist.“, aber sobald das Baby da ist, ist man so, „I love it, vielleicht noch ein zweites.“.
Jedenfalls stelle ich es mir so vor, so hör ich es von Müttern.
ICH: So dann die nächste Frage: Ihr plant ja einen Animationsfilm, das Kickstarter-Projekt. Das fand ich sehr interessant tatsächlich weil ich sehr großer Fan von Animationsserien und so was bin, so Helluva Boss, Hazbin Hotel und da ist zum einen die Frage: Wie kam es zu der Idee, zu der Geschichte selbst, und dann, darüber hinaus ist nicht nur so als kleinen Kurzfilm zu machen, sondern einen kompletten Animationsfilm daraus zu schaffen?
MIK: Yes, also ich würde sagen, dass ich jetzt überhaupt so sehr queer aufklärerischen Content mach, das kommt ja auch so ein bisschen von Kostas, der das ja schon lange bei sich auf seinem YouTube-Kanal macht und ich dann ja auch angefangen hab, so mit meinen Storytimes und gesagt hab „okay, das ist so eine Schnittmenge, Storytime ist so ein Animationsformat und da mach ich das so rein.“ Und dann sind wir dann da reingegangen und ich finde je mehr man in queere Geschichte auch reinschaut und in dieses ganze Queer-Studies-Gender-Studies-Thema reingeht, irgendwie merkt man dann erst, wie tief die Probleme sitzen und auch, dass man denkt, wie viel Lügen in der Welt rum erzählt werden. Von wegen „Queerness ist eine neumodische Erfindung“ und man denkt warum wir die Sachen in Geschichtsbüchern nicht findet ist, dass das immer irgendwelche mächtigen Leute, deren Interesse es nicht war, queere Geschichten zu archivieren, die Geschichtsbücher geschrieben haben.
Trotzdem gibt es ganz eindeutige Aufzeichnungen gerade, in Gerichtsprozessen, weil was die Kirche vor allem auch gerne immer gemacht hat, trotzdem homosexuelle, queere Menschen zu verfolgen und zu verurteilen. Da gibt es natürlich Aufzeichnungen. Dadurch haben wir ein recht gutes Bild darüber, wie es in der Geschichte aussah. Wenn wir noch weiter zurückgucken, bevor die Kirche Einzug in die Antike hielt, und so weiter, zeigt uns das: Wir waren schon immer da. Uns gabs schon immer und unsere Geschichten wurden einfach nur sehr konsequent ausgelöscht.
Daraus entstand die Geschichts-Idee für unser neues Projekt „Sukkers – eine queere Vampirgeschichte“ zu erzählen, weil wenn jemand unsterblich ist, dann ist er selber da, um seine Geschichte zu erzählen.
Also wie cool wäre es, wenn es eine Art von Vampiren gibt, die sagen „Früher war alles besser, wir erinnern uns“, „oh, wir wollen alles so, wie es früher war, haben.“ So diese alten Konservativen. Aber auch die Leute, die miterlebt haben, wie wichtig es schon immer ist und wie oft wir ausgelöscht wurden, wie wir gelitten haben und trotzdem zeigen, auch wie weit wir schon gekommen sind. Also wie frei wir heute leben können, auch wenn wir gerade wieder in so einer Push-Back-Phase sind. Wie gut es trotzdem ist, dafür zu kämpfen, weil wir sehen können, dass es Veränderung mit sich bringt. Und das praktisch in eine Geschichte zu bringen und in ein Animationsprojekt, glaube ich, bringt dieses Thema nach vorne, was sonst ein recht trockenes ist.
Der Geschichtsunterricht ist so okay. Aber das gekoppelt an so eine Action-Vampirgeschichte, stelle ich mir richtig cool vor und ich sag mal, das probiere ich ja schon immer mit meinen Animations, ein bisschen den Leuten was mitzugeben, aber ohne dass sie merken, dass sie gerade was lernen. Sondern es ist eigentlich nur einfach unterhaltsam, das ist was mir so einen Spaß macht.
ICH: Das [Animationsprojekt] habe ich mir auch schon auf Kickstarter gespeichert.
MIK: Am 3. Juli geht es los mit dem Crowdfunding. Einen Film haben wir jetzt, weil wir schon so viele Serien gemacht haben, so viele kleinere Projekte, dass wir jetzt gesagt haben, „Jetzt wird es endlich Zeit.“ Und das ist auch wirklich so, dass unser ganze Studio darauf hingearbeitet hat, dieses Projekt jetzt zu machen, dass wir gesagt haben, „okay, das ist jetzt so ein „Make it or Break it“-Moment, auch für uns.“ Alle also gucken, ob sich das auszahlt. Wir drücken die Daumen, crossen die Fingers und hoffen, dass die Queer Power regelt und alle zusammenkommen um das Projekt umzusetzen.
Weil, natürlich ist es schwierig, so ein Riesenprojekt überhaupt zu finanzieren. Aber wie du schon sagst, HelluvaBoss and Hazbin Hotel, gerade im letzten Jahr als eines der erfolgreichsten Animations-Projekte überhaupt, auf der gesamten Welt. Mit queeren Charakteren, ist es, glaube ich, gerade ein recht gutes Momentum, das man mitnehmen könnte. Auch so, in der Post-Heartstopper-Zeit, wo es gerade so am Ausfaden ist, und so könnte es ganz cool sein, da nochmal was nachzulegen, was ein bisschen More Edgebuild mit reinbringt, ein bisschen so zusammenkommt.
ICH: Tatsächlich sehe ich es als sehr positiv an. Ich habe gesehen, ihr macht es auf Deutsch, Englisch und Spanisch. [Zustimmung von Mik] Tut ihr das dann auch alles selbst synchronisieren oder habt ihr da für die anderen Sprachen jemand anderes?
MIK: Also wir haben tatsächlich vor zwei Jahren angefangen unsere Videos auch auf Englisch zu machen, mit dem Soul Purpose jetzt eine Community für Sukkers zu haben. Das heißt, vor zwei Jahren hat die Arbeit angefangen, dass wir gesagt haben, „Okay, wir machen queere Anime-Parodien, um eine queere Animations-Fanbase zu kreieren für dieses Projekt, die wir damit erreichen wollen.“ Also stand vor uns erst der Gedanke, wie kriegen wir die Leute, und dann, wie kriegen wir sie ready für dieses Projekt. Und im Spanischen wurden wir angefragt, witzigerweise, von einem Sprecher, der dann gesagt hat „ich finde das so cool, ich würde das jetzt gerne machen.“ Und jetzt haben wir gerade noch eine Anfrage, der möchte – [an Dennis gerichtet:] Hab ich dir auch noch gar nicht erzählt – die Videos auch auf persisch dubben wollen, dass auch nochmal irgendwie eine neue Sprache mit auf macht.
Das ist natürlich richtig cool, weil man dann natürlich auch sieht, Englisch macht das ganze nochmal viel zugänglicher und jede weitere Sprache etwas mehr. Spanisch ist auch eine krass breit gefächerte, viel gesprochene Sprache auf der ganzen Welt. Das hilft uns natürlich.
Long Story short: Wir sprechen nur die deutschen Sachen und Kostas ist hoffentlich auch wieder mit dabei in irgendeiner Art und Weise.
ICH: So, weil wir jetzt vom Animationsfilm Sukkers kommen: Aktuell die gesellschaftliche und politische Lage, gerade aufs Queer sein bezogen, wie empfindet ihr das gerade?
DENNIS: Ok, also Mik hat ja gerade schon gesagt, dass wir schon in der Push-Back-Phase sind und ich finde, wenn man sich so umguckt, dann ist es natürlich beängstigend. Ich finde, es ist so krass, ich habe das Gefühl, als ich noch zur Schule gegangen bin, in Schleswig-Holstein, da war es noch nicht so mega offen, aber es ist immer offener geworden.
Also, eigentlich habe ich es eher so miterlebt, dass alles immer freier und liberaler wird, gerade in Deutschland, in Europa und damals auch noch in Amerika. Irgendwie hat sich da so dieses falsche Gefühl von Sicherheit eingeflößt, dass man denkt, das ist jetzt so, und jetzt erleben wir gerade, dass es nicht in Stein gemeißelt ist und wie wichtig das ist, dass wir uns weiter dafür einsetzen. Jetzt gerade in Deutschland ist es ja nunmal auch so, dass rechte Parteien stärker werden und dass auch konservative Ansichten wieder stärker werden, aber jetzt gerade ist es ja noch so, dass wir viele Ressourcen haben, die auch für queere Geschichten Platz machen.
Wobei, dieses Jahr, zum Beispiel, Pride-Month finde ich, ist viel weniger bunt als in den letzten Jahren.
Aber zumindest, wie wir jetzt auch mit Toyfriends, haben wir einen Verlag, wir haben einen großen etablierten Verlag, der sagt „ja, wir bringen diese Geschichte raus.“ Wir sind jetzt hier bei mehreren Events gewesen in diesem Rahmen, das ist gut. Und ich glaube jetzt ist es wichtig, aktiv zu werden und sich weiter dafür einzusetzen, dass es in 4 Jahren nicht noch weiter nach rechts geht. Es ist vor allem auch so wichtig, weil ich glaube, Freiheit ist immer gut für ein Land und für die Zufriedenheit der Menschen und es ist auch einfach nur fair. Ich denke mir so, kein Mensch sucht sich aus, wer er ist und wen er liebt und das zu begrenzen kann einfach niemals richtig sein.
MIK: Und auch gerade das, womit ja Politik gemacht wird, sind ja alles Hirngespinste. Es gibt ja keinen validen Punkt, der queere Menschen zu einer realen Bedrohung macht.
Diese Fälle, die sich ausgedacht werden, sind Hirngespinste. Da werden Gesetze erlassen, in Amerika, wo Dinge verboten werden, auf Grundlage von Hirngespinsten, die einfach nicht existieren. Da ist es halt, glaube ich, noch wichtiger darauf aufmerksam zu machen, dass wir hier gegen Luftschlösser kämpfen, um den Leuten klar zu machen, wie schwachsinnig das ist.
Dass das alles nur dazu da ist, um von den wirklichen Problem abzulenken, um Feindbilder zu kreieren und da ist es halt immer am leichtesten auf die zu gehen, die die leiseste Stimme haben. Weil sie sich nicht wehren können. Darum ist es ganz wichtig zu zeigen, wir können uns sehr wohl wehren und wir lassen das nicht auf uns sitzen.
DENNIS: Und ich finde, was dafür aber sehr wohl real ist, sind ja die ganzen Folgen, die das mit sich bringt. Ich habe jetzt gerade letztens mit einem Kumpel ein Video gedreht, wo wir auch so über die frühen Erfahrungen gesprochen haben, die er zum Beispiel gemacht hat. Und er hat gesagt, naja, er ist in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Wenn er jetzt versucht hat, schwule Erfahrungen zu sammeln, konnte er nicht zu sich nach Hause gehen, weil er nicht wusste, wie seine Familie reagieren würde.
Der andere konnte das auch nicht machen. Da kam es dazu, dass er sich teilweise über Apps verabredet hat und dann mit fremden Leuten irgendwo in den Wald gefahren ist, ohne irgendwem Bescheid zu sagen und ich denke mir so, das ist schon crazy. Wenn du denkst, das ist die einzige Möglichkeit, die du hast, wie gefährlich ist das so. Und das ist ja jetzt nur eines von vielen Beispielen aus der queeren Realität.
MIK: Natürlich auch so die ganze Aufstachelung, „auf Worte folgen Taten“. Man sieht es auch an der Kriminalstatistik gegen queere Menschen, wie enorm diese gerade explodieren.
DENNIS: Aber wir dürfen uns auch nicht einschüchtern lassen, weil [kurz an Mik gerichtet:] Was du ja jetzt auch gerade schon mit „Sukkers“ gesagt hast, egal wie weit man in der Geschichte zurückkommt, die Queer Community war immer da.
MIK: Und die gehen ja auch nicht weg!
DENNIS: Es finden sich auch immer viele, viele Queer Menschen zusammen und deswegen würde ich auch sagen, so zu solchen Events wie heute oder CSDs oder so, ich bin immer total gerne da, weil ich finde, auch wenn man online manchmal das Gefühl bekommt wir sind schon 50 Jahre wieder zurückgefallen, dann sieht man aber auf solchen Events wie viele wir doch sind, wie viel Power wir haben und wie viel Liebe auch eben da ist.
ICH: Es ist schon ein bisschen in den nächsten Punkt übergegangen, mit dem Thema Mut zu machen. Wie gebt ihr euch selbst Hoffnung, dass es besser wird? Und was würdet ihr anderen queeren Menschen mitgeben wollen, damit sie stark bleiben und die Hoffnung eben nicht verlieren?
MIK: Supportet eure local Queer Netzwerke. Setzt euch ein, da wo ihr wirklich einen Unterschied machen könnt. Vernetzt euch, verfallt nicht in diese Denke, dass ihr allein seid und diese Sache, dass ihr euch isoliert und machtlos fühlt, das ist genau das, was die erreichen wollen. Fallt da nicht rein, spielt da nicht mit, lehnt euch auf, zeigt, dass ihr da seid! Und Tyrannei fällt immer, das ist für mich eine der wichtigsten Sachen, die uns die Menschheitsgeschichte gezeigt hat.
Jede faschistische, rechtspopulistische Sache, seit der Antike, bricht irgendwann zusammen, weil, irgendwann sehen die Menschen, dass wir gegen Luftschlösser, gegen nichts kämpfen. Dass es ihnen nicht besser geht. Dass es ihnen weiterhin schlecht geht, weil wir nicht dafür verantwortlich sind, dass es ihnen schlecht geht. Bis dieser Moment des Aufwachens kommt, halten wir durch und stellen uns zusammen mit dem Wissen, dass es vorüber geht, weil es immer vorüber gegangen ist, aber wir selber können entscheiden, wie weit wir zurückgedrängt werden, indem wir dagegen drücken.
DENNIS: Auf einer sehr großen Ebene, aber auch im Kleinen, glaube ich, [Kurz an Mik gerichtet:] was du gesagt hast mit dem Vernetzen, dass das wirklich einen sehr großen Unterschied macht. Zum Beispiel das Thema „Coming-Out“, das begegnet einem im Leben ja immer wieder, aber ich finde, je mehr Leute du zum Beispiel hinter dir hast, desto mehr kann man verkraften, wenn auch mal jemand blöd reagiert, bei einem 150ten Coming-out jemand sagt „öhh“, aber es ist egal wenn du schon 100 Freunde hinter dir hast, die sagen so whatever. Und wir machen das zum Beispiel auch viel so.
Also dadurch, dass wir uns ja auch viel mit diesen Themen beschäftigen und da reinsteigern, sind wir manchmal auch mitgenommen. Aber das war zum Beispiel jetzt nach den Wahlergebnissen so, dass irgendwie immer einer da ist, der sagt, „ja komm, wir machen jetzt irgendwie weiter!“ und das motiviert ja wieder den Nächsten und so fängt man sich halt gegenseitig auf.
MIK: Und als Tipp kann ich noch mitgeben, checkt KOSTAS Kanal ab, checkt meinen Kanal ab, weil wir probieren ja auch so Hilfsvideos mitzumachen. Ich habe jetzt zum Beispiel animiert, dieses „warum muss alles queer sein“, so diese Argumente, die man immer wieder hört, dass man einfach sagt: Geht trotzdem in die Gespräche mit Leuten, von denen ihr so dumme Sachen hört und schickt meinetwegen nur den Link rüber, wenn ihr die Energie nicht habt. Lasst das nicht einfach stehen. Also nicht unkommentiert diesen Blödsinn stehen lassen.
Und wie gesagt, wenn die Ressourcen mal nicht da sind: Darum probieren wir ja, sage ich mal, Videos zu machen. Aufklärungsvideos, die man dann auch einfach stattdessen hinschicken kann und sagen, „So, hier ist das Alles erklärt. Hat wer anderes gemacht, in bunt animiert, mit lustigen Männchen. Da kannst du dir selber rausziehen, was du brauchst.“
ICH: Das letzte Animationsvideo, habe ich mir auch angeschaut gehabt, es hat mir auch ein bisschen mehr Hoffnung gegeben, auch wenn ich mittendrin einfach nur geheult habe.
DENNIS: Aber es ist ja auch krass. Ich finde es ist auch okay, dass man eingeschüchtert ist und auch traurig zu sein, weil es auch einfach gemein und fies ist.
MIK: Wie du auch gesagt hast, so keiner kann ja was dafür, wie er auf die Welt kommt und dafür diskriminiert zu werden, für eine Sache, die nicht in deiner Hand liegt, die zu ändern, ist einfach die größte Ungerechtigkeit, die man sich vorstellen kann.
ICH: Das waren tatsächlich an sich alle Fragen, jetzt habe ich nur noch zum Abschluss: Gibt es noch irgendwas, das ihr gerne noch mitgeben oder irgendwelche Sachen, die ihr gerne sagen möchtet.
MIK: Geht auf sukk.me und checkt unser Crowdfunding aus zu Sukkers. Secondhand Toyfriend 2 kommt am 27. August raus.
DENNIS: Aber auf einer Nicht-Werbenote: ja, danke auf jeden Fall, dass ihr [Menschen-in-Hanau e.V.; CSD Hanau, etc.] das macht, weil ich glaube auch, dass dieser Aktivismus und so die Sichtbarkeit und Sicherheit auch von dieser Community davon lebt, dass man sich auf allen Ebenen einsetzt, gerade auch so wie ihr.
MIK: Gerade so für Vielfalt, für Gleichheit vor allem unter allen Menschen, die in der Gesellschaft teilhaben, weil Demokratie oft verwechselt wird mit Mehrheitsentscheid, also „seid mal ruhig“. Nein, Demokratie ist Mehrheitsentscheid unter Berücksichtigung von Minderheitenschutz und das kann man nicht hinten runter kippen lassen, wenn man Demokratie schreit. Das gehört ganz genauso dazu und daher vielen Dank für eure Arbeit.
ICH: Ich bedanke mich nochmals herzlichst, dass ihr da ward, ich freue mich jetzt auch schon sehr auf die Signierstunde.
Damit verabschiede ich die beiden Autoren fürs erste.
(Zum Nachbericht der Lesung und der Signierstunde geht es hier weiter.)



