Ich werde immer wieder gefragt: „Was wollen Blinde auf Reisen? Sie sehen doch gar nicht, was um sie herum ist!“
Stimmt, gesehen habe ich nichts, während meiner 3-wöchigen Rundreise durch Kuba im März 2018. Aber außer dem visuellen Sinn hat der Mensch ja noch vier weitere Sinne und mit diesen kann man durchaus eine Reise durch ein fremdes Land erleben und genießen.
Mit der richtigen Organisation im Vorfeld ist das alles machbar, wenn man sich nur darauf einlässt.
Seit fast 10 Jahren bin ich mit zwei Freunden, von denen einer vollblind und die andere sehend ist, unterwegs in vielen Ländern. Zum Beispiel Indien, Ägypten, Myanmar, Vietnam, Kambodscha usw. und genieße es in vollen Zügen.
Wichtig für uns Blinde ist, dass wir uns gut auf eine Reise vorbereiten. Das heißt, über das Reiseziel lesen und anderweitig informieren. Aber auch vor Ort, an bestimmten Sehenswürdigkeiten oder an wichtigen Punkten jemanden haben, der einem genau erklärt, was an dieser Stelle zu sehen ist.
Ich möchte wissen, wie es hier aussieht. Dies zu beschreiben, ist nicht jedermanns Sache. Manch einer sagt: „Schauen Sie da, dort ist ein Gebäude…“. Andere Beschreiber wiederum erzählen viel zu viel. Da kommen manchmal Details, die für uns überhaupt keine Bedeutung haben.
Aber nun komme ich endlich zu unserer Kuba-Reise.
Wir wollten das Land wirklich kennenlernen. Das schafft man nicht so gut, wenn man dort in Hotels wohnt.
Nein, wir haben auf unserer Rundreise sogenannte „Casas Particularis“ gebucht. So wohnten wir zwar einfach, aber doch immer direkt mit der Bevölkerung Kubas zusammen und konnten durch viele Gespräche am Frühstückstisch oder auf einem Schaukelstuhl im Innenhof der Wohnung oder auf der Veranda vor dem Haus viele Informationen über das Leben der Einheimischen erfahren.
Was haben wir alles erfahren und erlebt!
Geht man durch Havannas Straßen, spürt man auch ohne zu sehen, die Lebensfreude des kubanischen Volkes! Live-Musik überall, freundliche, lebensfrohe Menschen, ansteckende Fröhlichkeit und Lust auf Leben.
Wie am Anfang beschrieben, wird es aber erst so richtig „fühlbar“, durch jemanden, der auch das erklärt was zu sehen ist. Vieles haben wir aber ergänzend über Hören, Schmecken, Riechen und Tasten erlebt. Ab und zu hatten wir einen Stadtführer, der uns anschaulich über die Geschichte des jeweiligen Ortes berichtete.
Überwältigend für mich waren die Erlebnisse, bei denen wir eine Rum-Fabrik und eine Tabak-Zeremonie besuchten, einen Ausflug mit einer Pferde-Kutsche zu einer Tabak-Farm oder einen Markt in der nächstgelegenen Stadt erkundet haben.
Selbstverständlich haben wir 3 echte Kubanische Zigarren probiert, obwohl wir alle schon lange Nichtraucher sind. Trotz Alkohol-Antipathie haben wir Rum verschiedenster Art getestet und echt kubanische Cocktails genossen.
Und wozu muss man bei all dem Sehen? Eigentlich gar nicht. Der Genuss war pur!
An jedem einzelnen Ziel unserer Rundreise, gab es etwas Besonderes zu erleben und niemals war es ausschließlich optisch wahrnehmbar. Und wenn mal ein schöner Guck war, hat es Brigitte, unsere sehende Begleitung oder der jeweilige Stadtführer beschrieben.
Noch bin ich am Verarbeiten dieses fantastischen Urlaubs.
Und bin doch schon dabei, mich auf die nächste Reise zu freuen. Diese wird Ende des Jahres 2018 sein und mich nach Sri Lanka führen. Dabei verlasse ich die gewohnte Struktur der 3er-Gruppe und werde ganz neue Wege mit einer organisierten Reisegesellschaft, speziell für Blinde und Sehbehinderte gehen.
Ich bin schon sehr gespannt, wie mir das gefällt.
Bilder: Frau Brigitte Ender
Ein toller Bericht! Man merkt sehr deutlich, dass man oft die vielen anderen Sinne, die ein jeder hat, nicht richtig oder nur begleitend nutzt. Wenn man darauf aber angewiesen ist, kann man einen ebenso erfüllten Urlaub haben, wie jeder Sehende..